Freitag, Dezember 21, 2007

391

nicht schlecht, aber auch nicht


vorsicht

vorsicht

aller voraussicht nach

vergessen sie nicht

eine größere gefahr wird es nicht geben

langsames verdunkeln, entschärfung der sinne

brotlicht, die augen wie in brei gekrallt

wenn es macht wird in berlin

graue katzen hinter glas

und der präsident wischt sich die bedenken weg

wie den schnee von seiner windschutzscheibe

rechtslinks rechtslinks

still fällt der schnee

stumm grüßen die moderatoren

mitnahmewesen

Sonntag, Dezember 09, 2007

390

aber ja (neinnein)


Verschiedene Menschen haben verschiedene Werte.

Verschiedene Menschen haben verschiedene Erfahrungen.

Verschiedene Menschen haben verschiedene Meinungen.

Verschiedene Menschen haben nichts mehr zu sagen.

Verschiedene Menschen sind tot.

389

Sagen wir einfach: Suboptimal.

Oder sagen wir es so: jeder hat sein Päckchen zu tragen. Und die Post wartet nicht. Besser gesagt, die Post wartet nie. Nie wieder. Vielleicht wartet die Post auch nicht wirklich nie wieder, aber die dunkelgrauen Uniformen der Brieftauben geben eben nur ein gewisses Maß an Sicherheit, keine Frage. Die Antwort lautet also: ich bin mir sicher. Ich bin mir jetzt sehr sicher, dass die Stäbe halten werden. Dass sie halten werden, was man verspricht.

Aber warum geben sie dann kein Licht?

388

piraten in aspik

verzichten sie
auf eine erklärung
berichten sie frei vom nebelschwangeren hof und aus der volksbühne:
von unten wo noch immer die holzschuhe herumliegen
und die köpfe im sägemehl
noch eine frage, eine vorletzte frage:
was ist ein gutteil, wenn man es zwingt?
gute schwestern in niedertracht
punkten mit gewinnbringendem lächeln
wir waren zuerst hier, und sind nicht leicht zu bedrängen
leise ächzt das schiff feister halbnarren
hamsterbacken voller ungeschriebener gesetze
niemand hat mehr eine weisheit in seinen magentaschen
wo sie vor den verdauungssäften sicher wäre für den moment
aber die wesentliche gefahr kommt sowieso von oben
da sind zähne
da sind jede menge zähne

(wonach, und wie viele, und wenig, wenig auch, mehr haben, und wer trägt mal mit hier, wie oft, wer kann, wie kann es sein. ich werde hungrig. ich werde wieder hungrig sein.)



Mittwoch, November 21, 2007

387

ein wiedehopfen (aufstangen, das zeug!)

es kommen wieder bruchstücker
ein denken es fliegen die halbherzen
stoßweise über mauergerest
morgen auch noch ein tag
mittwoch ist wieder
halbe woche weg
und kein geschafft
türen halbangelnd verknarzt
ja so ein bild an der wand
macht die wohnung gleich
viel heller

Montag, November 19, 2007

386

versuch einer kohäsion

das wüste blatt
es starrt mich matt
so fad, so weiss und
leer
gibt´s wiedermal kein
komisches verdenken mehr?
besserwissend schüttle
ich und rüttle mich
und dann fällt doch noch
was
aus der Krone
der letzte zackenbarsch
(ist auch nicht ohne - mutter! den tisch!)

Sonntag, November 11, 2007

385

Diver Down


Benehmen Sie sich wie ein Teich

Benehmen Sie sich wie ein Teich

Und behandeln Sie mich wie einen Fisch

Behandeln Sie mich wie einen der Ihren

Gleich wo die Wanne steht

Gleich wo das Boot gerade untergeht

Benehmen Sie sich wie ein Teich

Und behandeln Sie mich wie einen Fisch

(Seerosen im Zentrum)

Montag, November 05, 2007

384

vermisst

karodame
kreuzsieben
pikfein
herzschmerz auf rollerbahn
rumpeln unter pferdefuß
(ich muss hungrig sein)
die seite buch klebt an mir
wie des toten seemanns hand
an der verschlossenen tür
des untergegangenen traumschiffs
einer vermissten millionenerbin
(das silber ihrer haare vom salz hinweggerafft
wie der vorhang
im fenster des hauses
eines landes im kriegszustand
(es wird zu bunt hier wie anderswo)
die geweihte erde
bekniet von den feindseligen
geküsst von den heissblütigen
dem herzblut ist das egal
(stumm grüssen die verflossenen)

383

schnecken im Salat

kommentare über ein rühren:
das verbreiten von unguten gefühlen
und reiten auf den vorboten
wird hiermit untersagt
(das flüstern in den treppenhäusern im kopf ebenso)
außerdem ist die vorsichtige vorseherei zu unterlassen
kein zukunftsgeäugen und fernhören und zeichendeuten
(vergessen sie nicht das licht anzumachen)
tiere wie der schwant, deucht, kräher oder das große ahnen
sind sofort auszuwildern
hände hoch beim duschen
kopf hoch in der straßenbahn
und lächeln sie dem erschießungskommando
freudentränen in die augen
das leben ist schön!
das leben ist schön!
(grau ist kulissentreu)

Sonntag, Oktober 28, 2007

382

vertrocknetes klavier

bin hinter dir her da quer gebogen da mit dem roten licht am arsch da hinter dir her und wieder um die ecke und kalt und der regen auch noch und dann endlich grün aber an der ecke warten schon wieder welche und ganz blau beult das dach aber die vorstellung war mies und der himmel hat sich längst die decke über den kopf
zu viel zeit für viel zu wenig klang

381

so schön flau

blitzreitender jesus
irres plakatieren und jedes wort schweigt
zu viele andacht zu viele heiligsprechungen
die eilige hur kniet hinter der treppe
(ja doch: schwellkörper)
gemeinsames verdachtsmoment
ja, wir sterben, auch wenns keiner glaubt
unbeobachtetes kopfschütteln
aus den haaren fällt sand
einteignetes starren auf dem boulevard
rechts blinken abbieger spuren
glitzerspeichen notspeichler
dieser frass in den augen
und überall

knusperecken

Sonntag, Oktober 21, 2007

380

Blöd Sinn (und jetzt?)

karlchen und lenchen
und ohchen und wehchen
und räumiges raunchen im tiefen gebüsch
und summiges launchen
und kerliges karlchen
und lockiges lenchen
und lachiges glucksen und schaumige wut
und schon nimmt das ende
die röhrliche wende
im hohlen löwenzahnwald

Freitag, Oktober 19, 2007

379

weil´s so schön war: ab hier

und trüber junker, verdrückt mich wie die zeit aus tuben und lässt mich dann ab wie aus alter haut geplatzt, ich bin noch nie und nienicht bis zu knien im tief, untergrund, abgeschabte schreiberspitze, aber immer noch eine breite, eine halbvolle dünne linie, aber hinter mir, da wächst ein gras, und das ist grün, und das ist grau, und das ist grünes grauen, die weite flur, und wir auf jeden fall sind die einzigen, die es bisher hierher geschafft, gereicht hat es, aber da sind doch noch welche, anders artige, andersgelebtige, anders ausgewaschene sind da, auch dolche, aber man hat nun mal messer, manhattan nur noch messer, und revolveres und pistoleres, stielettisti, gratscharf, und auch so, ein wenig blitzfleisch, ein weniger übrig verblieben (ich muss hungrig sein, immer muss ich hungrig sein), aber die hirnschalen, das hirnschallen, das gemeinhin tosende gedächtnis, ich muss unversichtend auf die nahe welt getreten sein, abgleitend fällt mir noch ein lied aus den lippen, aus dem sinn, unverwirklicht taumeln wir dem abfluss entgegen, es war doch nichts, nur gewerk, nur geschrei, nur gewahn und das aber nicht nur unbeholfen, ich hole nur mal eben luft!

378

e. is missing

haut vergreifn, schultersucht
und zähngeweh auf absehbar
ich denk so glaubnich anmich
da steht auch noch geschranke und
ein bild und auf dem namen steht einmensch
der wo ich nienich hätt sein aber nur halbelf
wird kein auszeit kriegn, nur wie augenpropfen
nur miesemuschln, miesemuscheln wasserstöhn
miesmuschln klappauf zwei, aufdrei
auf weg gezwirnt wie altes laub
und weint papier, wenn man es schlägt
aber wohin, aber woher, wo gerannt wird
da fahren auch mal beine büschl in die herde
und aus meinem kopf raucht es wie äpfelnd
aus breiten hintern
so ein glücksfall
so ein tierischer
moment
(hirnschallendes gelächter)

Sonntag, Oktober 07, 2007

377

haben sie herz?

zieht mich keiner, so wachse ich eben nach unten, ruft die kleine runkelrübe, und sprotz! hat sie sich einen spalt aufgemacht in die schorfige erde. immer dann, wenn keiner hinsieht, denkt sie noch, aber da sind ihr die büschel schon auf dem weg ins vertikulum.

376

so segeln, irgendwie

wir schrieben das jahr achtundfünfzig
ach bricklebrit, entspannt verkleidet und beglimpft,
schmuck grinsen über alles und auf den walen buckeln melanome
es begrüsst sie heute an bord ihr erdnusskapitän
schreitvogelnde bedächtigung, und wir wären vielleicht
aber das schiff liegt, und die eisvögel kauern weiter in den höhlen
(wie das krallt) mir müden die augen brauend
fasanen servieren tischgeschrei, nein tischgebet, ja fischgeschrei
nehmen sie ruhig noch eine apokalypse wir haben genug
und in den augen ein weh
und in den blicken ein ach
und ein herr und wieso und ohjeh
ein miederkeuchen an die erinnerung
malt mich gelb an und zeigt mir eine nase
aber wir sind alt und du nie da gewesen
aber herzwärts und seitenschneiden
am kamin lässt sich mit mir nichts machen
ich bin vielleicht nicht ich
aber ein kolibri
sternflügel
blitzsauger

Mittwoch, Oktober 03, 2007

375

zungenlieb

wie auf
wassern gewandelt
wie blut berauscht
und wein auf verdacht
stab mittig verdreht und
gebrochen liegende erde
auf unterem niveau
augenstarre, nur im kamin
ist wieder etwas
am verglühen

(es steht auf allen mauern
irgendwann)

Sonntag, September 30, 2007

374

Entre nous Die Leuchtzitronen des Joseph Beuys lärmen durch mein Gehirn. Sie glänzen mir die Haare grün, ganz grün. Dann fallen die Leuchtzitronen des Josef Beuys aus meinem Haarbaum auf die Erde. Sie brechen auf, und ihre Energie wird frei. Sie sucht sich einen Weg in die Erde. Die Erde ist noch feucht vom letzten Schlaf. Die Leuchtzeichen des Joseph Beuys erschaffen sich neu in einem jetzt orange-braun-farbenen Stammbaum. In der Krone des Baums hängt ein Band, mit Worten darauf. Da steht: Mensch ist nur ein Beginn von Mensch. Es steht auf allen Mauern, irgendwann.

Mittwoch, September 26, 2007

373

noch soviel jahr übrig

klammheimlich, das vermächtnis. ich mache keinen erbschein, weil sich das nicht lohnt. klippenspringer, von wegen. auf dem zettel an meinen füßen soll stehen: nichts für ungut. und wenn der pope nicht schweigt, sollen es eben die anderen tun. abbrechen, abrechnen, ja, und unter den tischen liegt noch der staub und die quittung vom letzten jahr. ja weihnachten, das hat genadelt, und verwunschen war es auch. soviel sterne. soviel geäug, aber der apparat war wieder kaputt. fettes schwein gehabt, ganz mageres glück daneben, aber man friert leicht in so großen fußstapfen, ausgemergelt, und die steine im kopf, und überall noch das schwere atmen der ahnen. verbinden sie mich mit dem nächsten. nein, nicht irgendeinen, ich will den nächsten, meinen nächsten, ich will den für mich. was davon noch übrig ist. und weg.

372

stilles wasser, fauler bach

ich bin entzweigt, oder wieder auf dem ast
ein einziges entflechten
baum und moos, grün und stumpf, und blei
an der häuserfront die einschlägigen
erfahrungen
wes lied ich sing, des tod ich bring
wesenstest, wespennest
wir kommen uns soweit entgegen
berlin – ein fremdes bein im schrank
geräuchert, grade mal so übers knie
alles schon mal da gewesen
gartenseitig greift mattes licht bis an die grenze
meine pflanze, wenn man sie schneidet, gibt sie milch
und sie hat so viel davon, so schwere blätter
der schatten meiner kuhpflanze treibt mir die gedanken aus
weiß tropft der tag aus meinen ohren aus dem kopf aus der nase
läuft schnelles blut, und der boss liegt schwer verletzt
von drüben zieht eine befremdung ein
mit geräusch

Samstag, September 22, 2007

371

sonntag auf der stirn

kuchen und asche, traum und pferd
eine reise durch das unterbliebene
in den straßen ein weg, auf den wiesen ein einziger aufbruch
mein lieber scholli, war nicht jemand anderer meinung
heute kämmt sich jeder alleine vor dem spiegel
hängt die frauen an den haaren in die tagebuchblätter
stumm wie jetzt, ich bin es nicht gewesen, also satt
oder wie du, eine achse später, also spinnenbein benetzt
aber ohne verinnert zu werden ist es nur noch
ein hahnenfuß bis in die langschatten der zeit
meine augen glühen wie verbremste räder
kunstharz für mein kunstherz
schwertfisch an die wand
der alte mann signiert eifrig
frühstücksbrettchen
und wieder nur eibrot!

370

melancholie, unverhofft

wird man älter, wandert die schönheit nach innen.
sie hat ein rendezvous.
nur manchmal kommt sie dann noch in die alten viertel,
um ein tänzchen zu wagen, um die augen herum.
nur mal eben so, um nachzusehen. wie das leuchtet!

Donnerstag, September 06, 2007

369

vorsicht, dachgeschoss

in friedrichs hain (san fernando)
mädchenspange auf der straße
und ein staubiger ring in meiner hand und wie verbrannt
irren wilde ideen durch meinen kopf
wie rotes eisen durch butter geht das
aber ich gehe nicht von hier
ohne gerätschaft
(wo kämen wir sonst hin)
(dann läuft es schlecht mit uns)
(die füße und ein wenig druckschmerz, soll schon sein)
mag nicht denken, mag nichts tun
angereiht liegen meine flüchtigen kopfgeburten
wie wilde tote tiere auf bleichpapier
geradewegs verfragt, ohne erbarmen, erstreckt!
eine erscheinung
helles bier, dunkler tag, die nacht
kann auch anders
verrat keimt in der küchenzeile
unmut, abglut und das rote im gesicht
ist keine freude
(unwidersprochen)
hatten wir heute schon brahms?

368

NFK (nur für klarinettisten)


noch lachten sie hinter den bergen.

aber von unten im tal herauf zog schon das dunkle licht seine schärpe durch die wälder.

und hu! sagte die eule im baum.

und hu! sagte der hund des försters.

und hu! sagte der bäcker als er den finger an der backofentür vergaß.


...............



geld regiert die welt regiert die welt vergiert die welt regiert die welt regiert die

wer wie was

ich weiß nicht wieso

ich weiß nicht wo

auf meinem damenpo

blüht eine schöne blume

Sonntag, September 02, 2007

367

fällt der tag, flieht der weg

auf stunden immer nur nach der zeit, und gezählt haben wir nichts, aber gefunden, aber erfunden, uns nichts, aber vielleicht so für ein jemand, aber unterwegs war ich, ja unterwegs, ganz weit unter dem wegs, und keiner hat gefragt, und keiner hatte hände übrig, nur gewusst hat jeder viel, und gezeigt hat jeder viel, auch angezeigt, ja, auch angezeigt, aber der richter hatte keinen schlechten tag oder einen guten, und ich bin wieder unterwegs, die lässt einen nicht los, die eigene wesenheit, die hat krallen wie eine leopardin, und die hackt sie dir für immer unter die augen, da wo schon die ringe sind dafür.

366

schweres oberlicht

und ich stelle keine fragen mehr in die wand
solange die große taubheit vor der schwelle und keiner
den grund nur immer auf die schuhe sehen will
wenn wieder einer vorbeigeht einer von denen
und auf denen ihren sohlen ist das victory eingebrannt
wie die leuchtreklame wie das brennende buch das glück
klebt ihnen wie napalm wie eine andere welt
wie den kopf verschichtet und das licht verschüttet
und das herz vergraben keine fragen

Samstag, September 01, 2007

365

irgendwie
ein jahr
vorbei
und irgendwie
auch
wieder
nicht

(na
jedenfalls
prost, alte hütte)

364

dis and harmony


art is monster
tree is relentless
knee is in my face
art is furniture
future is unwritten
past is forgiven
now is net
net is gateway
present your feet
present your arms
go down under
mantle the manticore

discuss the feeling of a brave disappointment

we are
we are not
(in the trees there is water hanging)
scrub your face
eat your thought of what could be
remember the wise dot
art is pain
art is furniture
art is relentless
art is our path

(move to faster buildings)

Sonntag, Juli 29, 2007

363

dear, with beer and deer

i went over the fields
and the darkest crowd came growing
i fell over the hills
and only the strong grass saved me
i went over the trees
but none of them was me
me was sleeping
me was drinking
me was eating a mashed potato
smashed potato
are we concrete?

361

aus der seite fiel lärm

erste Sequenz: fließender Übergang
mond, mord, die Kartonisten.
heute ist wieder Unterzahl. aber Du
verstehst! bleiernes Echo die
wurstwände lang. das fett leuchtet
schon Nachts aus der kanalisation.
und wir wollen uns alle diesen Himmel
wie eine wolke zwischen die zähne
blindstopfen
(auf den Wundlaken
dein gesicht)

362

einsehen in eine röhre

wie mit kopfgurten wie mit herzschweren
auf eine art wie mit seilen gehalten
und verbleiben mit dauerndem geäug
mit viel gesumm und auf eine andere
auf jedes maß folgt eine andere verstimmtheit
und das land fürchtet das meer
und das meer fürchtet die sonne
und die sonne fürchtet das nichts
schwarz geschnittenes nichts

Sonntag, Juli 08, 2007

360

Kontrastmittel, einfach

Wovon Straßenfeger träumen, ist schwer zu sagen. Außerdem gibt es keine mehr. Keine richtigen. Bloß noch Fahrzeugführer mit rotierenden Besen. Das Wesentliche bleibt mir dabei verbogen, also verborgen. Dieser Blick in der Frühe, ein Blechblick, ein Backblick, die halbe Straße hinunter, und alles roch nach Brot, eine einzige Flugschneise, für Nasenflügel, ein wenigstens etwas, weiches Brötchenbohren, und das weiße im Zentrum meiner Begierde. Wir essen uns fort.

Denken hilft ja allein nicht weiter, bringt ja nichts. Obwohl einem das früher das auch mal anders erzählt hat. Die Sache ist: keiner ist mehr hier. Die andere Sache ist: wir wären gerne geblieben. Schon wegen der Socken und der Pantoffeln. Hatten wir ja alles früher nicht. Ich glaube nicht, dass wir Socken hatten. Aber der Keller war auch weit unten, also weiter unten, also mittelweit. Wir haben nichts gewusst! Ich schwör!

Sonntag, Juni 17, 2007

359

Exzellenz fährt Schlitten

Die mächtigen Fahnen
des mutigen
Verzichts
flattern mir
schon wieder
die Mundwinkel
wund

(Singular)
(Singular)
(Monular)
(Präsens)


Ach so -
Am Anfang
war das w
wieder etwas schneller


denkwiesen
wo der hafer
zwischen die
schraubverschlüsse
sticht
(die kippen ins gras!)

Freitag, Juni 08, 2007

358

Gurilla is in tha House

Und der Prinz? Und die Prinzessin? Ihre Gnaden haben keine Gnaden, aber das Boot, das ist über den See. Der See ist wieder voller Brote, die übrig bleiben für die Fische. Bevor sie sich vollsaugen, schwimmen sie auf dem See und sehen aus wie kleine Boote. Der See wird verfaulen, weil die Brote alle auf seinem Grund verfaulen werden. Der See wird verrotten. Ein Schauspiel. Ein Drama. Und eine Botschaft. Zu viel essen ist ungesund. Der König wird daraus ein Mahnmal machen, für die Bevölkerung. Damit Sie es sieht. Damit sie es weiß: zuviel essen ist ungesund. Zuviel Essen ist immer ganz ungesund. Lieber schlank und rank und rein für das Stahlgewitter als schwitzend und fett im Keller sitzen. Ich habe ein Problem mit den Drüsen. Sie Schwein.

Donnerstag, Juni 07, 2007

357

und Du, Du jetzt auch dazu

Eine Frau kommt durch eine andere Tür in den Raum. Die Frau hat einen langen Stab in der Hand, eine Art Zeigestab. Die Frau nimmt den Stab und schlägt damit durch die Luft durch den Raum. Sie scheint große Buchstaben zu formen, aber man weiß nicht, welche es sind, man kann nichts erkennen. Man kann nichts erkennen, aber sie schreibt mit dem Stock wie wild, wie Zorro, wie der Mann mit der Peitsche. Die Frau hört auf mit dem Buchstaben in die Luft schlagen. Die Frau nimmt den Stock in beide Hände und zerbricht ihn. Sie wirft ihn hoch in die Luft, faltet dann die Hände und senkt den Kopf. Die Stockteile fallen um sie herum zu Boden. Die Frau lacht, dann springt sie mit großen Schritten durch den Raum und singt dabei. Das Lied eines Piloten, das Lied eines Fliegers. Die Frau durchquert den Raum mit ausgebreiteten Armen, einmal, zweimal. Die Frau hält an. Sie lässt die Arme sinken, ihr Kopf fällt nach vorne. Sie steht da wie unsichtbar, sie steht da wie unscheinbar. Die Pilotin ist gelandet. Die Frau schweigt. Dann wirft sie den Kopf zurück, sieht sich um und verlässt mit energischen Schritten den Raum. Das Licht geht aus.

Sonntag, Juni 03, 2007

356

Knapp bekleidet am Set

Kommt grün, kommt gelb, kommt rot, oder weiß. Diese Farbe ist keine Farbe, so wie schwarz. Also weiß hat eine ganz andere Bedeutung, eine eigene. Also sehen Sie zu, dass Sie sich ein Beispiel nehmen an der Farbe weiß. Ich weiß nicht. Und ich nehme an, dass man mir das später erklären wird.

Der Mann nickt und geht einen Schritt zur Seite. Der Mann trinkt Wasser. Der Mann spuckt das Wasser wieder aus und nimmt ein Glas und daraus einen Schluck Wein aus einer Flasche aus dem Schrank neben der Tür. Der Schrank hat blaue Glastüren. Der Mann nimmt noch einen Schluck, dann wirft er das Glas an die Wand und greift sich die ganze Flasche, dann wirft er auch diese an die Wand. Er nimmt den Schrank und kippt ihn einfach um. Er sieht sich noch einmal im Zimmer um und verlässt den Raum durch dieTür. Da war plötzlich eine Tür, werden die anderen nachher sagen. Wie aus dem Nichts war da plötzlich eine Tür. Und da ist er dann hinausgegangen. Nein, niemand ist er aufgefallen vorher. Kann sein er war eigentlich überhaupt nicht da. Kann sein es hat ihn vorher nicht gegeben. Kann sein er ist auch plötzlich aufgetaucht. Die Tür ist doch auch plötzlich aufgetaucht. Die Tür war doch auch mit einem Mal da. Und wer ist überhaupt in diesem Raum gewesen, auf diesem Weg, in dieser Zeit?

355

Zählt nicht meine Zehen

Der Mann auf dem Sitz neben mir hat das gleiche Hemd. Er hat das gleiche Hemd an wie ich. Ob er auch die gleichen Gedanken anhat wie ich? Ob er eine Frau hat wie ich, eine die ihm immer die Hemden kauft? Ob er die gleiche Frau hat wie ich, wird einem immer die gleiche Frau zugeteilt, mit leichten Veränderungen im Design? Er hat das gleiche Hemd wie ich, sein Gesicht ist aber anders, und der Koffer, nein die Tasche, die Mappe, die ist ebenfalls anders. Sonst ist einiges gleich, so wie uniform, eine Gleichung. Ein Gleichnis. Oder bin nur ich gleich, sind nur wir beide gleich, verlorene Brüder, oder sind alle gleich oder mindestens ähnlich, die wir hier morgens an dieser Ampel in diesen Wagen und Bussen sitzen? Mindestens vergleichbare, am Hemd erkennbare? Wo wir alle ohne gleichen sein wollen, unvergleichlich wollen wir sein, Individuale, keine Multiplen Austauschwesen, jeder ein besserer, jeder auf seinem Gebiet, wenigstens auf seinem Gebiet, ja auf meinem Gebiet, da bin ich unwidersprochen der Beste, da kann mir keiner so leicht das Wasser reichen, keiner, ich bin speziell, ich bin Spezialist, Sonderspezialist! Und dann kommt dieses Hemd. Das Hemd neben mir bewegt sich nicht. Unser Bus bewegt sich nicht. Der Fahrer fährt nicht. Der Fahrer trägt auch ein Hemd. Vielleicht trägt sogar der Fahrer das gleiche Hemd. Vielleicht denken wir jetzt alle hier, oder überall, in der Stadt, auf dem Land, auf der Welt, im gleichen Moment denken wir alle das gleiche, ein kollektiver Gedanke, ein kollektives Aufbegehren, wir sind ja alle gleich, warum hat uns niemand etwas gesagt, was ist nur geschehen? Ja. Was ist eigentlich geschehen.

Dasselbe ist es übrigens nicht. Weil jeder ist sich selbst. (Der Nächste!)

Samstag, Juni 02, 2007

354

1 für 2 und 6

Immer sind es die Pflichterfüller, die ihre Pflicht erfüllen ohne Zögern, wie Straßenarbeiter, die ein Loch in der Straße erfüllen, bis das Loch voll ist und die Straße wieder wie neu, bis ihre Pflicht erschöpft ist. Dann gehen die Pflichterfüller zurück, sich neue zu holen, neue Aufgaben und neue Pflicht, und man gibt Ihnen reichlich, weil die Pflicht der Mächtigen unerschöpflich ist in ihren Lagern, weil die Pflicht aus Leichen gemacht ist, und der Weg der Mächtigen ist mit Leichen geradezu gepflastert, keine Frage.

Donnerstag, Mai 31, 2007

353

Klammt heimlich, aber die Hosen an

Kunzt und Kinz, und Kinners, und Kannes, in der Burg rennt der Graf nach dem Bild, das die Treppe abwärts weil der Nagel nicht die gewünschte, aber das Bild ist mir eine andere, Waage auf den dem Weg, auf dem Beet, das Grab ist auch immer eine gute Basis für die nächste Generation, oder was wächst eigentlich auf diesen Friedhöfen, gibt es stillgelegte Friedhöfe, oder eigentlich sind die ja immer still, und das mit dem liegen auch, also was wächst jetzt dort?

In Afghanistan wachsen da nur Steine, und die Toten wachsen manchmal auch, das heißt dann Totenwachs, aber ob sie dann auch Zeichen geben können, wie eine Kerze zum Beispiel? Letzte Nacht haben mich die Toten wieder aufgeweckt mit ihrem Licht, sie haben sich in einem Kreis aufgestellt wie Krongeleuchtertes, und dann haben sie geschrien vor lauter Licht, es war nicht zum Aushalten. Aber niemand hat es gesehen, aber keiner ist gekommen, aber alle haben geschlafen. Die Nummer einmal angeben, den Betrag zweimal eingeben, und schon kann es weitergehen. Gell? Und schön. Und Immerschön. Ich bin Frau Immerschön, und ich will jetzt meine Rente.

Montag, Mai 28, 2007

352

Und die Beeren voller Brom

In einer winzigen Tal- und Bergbahn: Die oben offene Wagenkolonne macht ihren Weg durch das eiserne Gestrüpp, das viele Ordensbrüder hier hinterlassen haben, die gestern noch mit dem Kanonendonner hinunter ins Tal gerollt sind, zumindest Teile von ihnen, meistens die schwere Brust, die so schwer war von der Heimat und den vielen Orden, die ihre Kinder zuhause für sie gebastelt und bemalt haben, voller Hoffnung, dass sie den Feinden sich in den Weg stellen und seinen Kanonen und dass sie ihn vernichten mit ihrem stählernen Blick und dem eisernen Willen. Aber es hat nicht gereicht, dieses Mal, es hat nur für die Brust gereicht, für das Abkollern ins Tal, für die schwere Brust, für die untergegangene Verheissung, und der Stahl und der Feind sind dennoch nicht gekommen, aber das eiserne Gestrüpp und die Orden die liegen jetzt hier überall, und wenn wir in den offenen Wagen Tal- und Bergfahren, können wir es blinken sehen, und wir hören ihn atmen, den Geist des Vaterlandes. Er trägt schwer. An seiner Lust.



Achtung, Achtung, der Wald ist wieder im Rausch, Achtung, der Wald. Vollrausch! Der Wald! Vollrausch! (Aber HörenSieMal das ist doch nur Wald, das Rauschen, das Rauschen im Wald, was Sie da hören ist doch nur das Rauschen im Wald. Die Bäume! Es rauscht!)

Sonntag, Mai 27, 2007

351

Eine Zeile für die Weile

Volkspark. Unendliche Weiten, jedenfalls bis zum nächsten Häusergesicht. Das Gras ist dünn. Das Gras ist so dünn, dass man den nackten Boden darunter sehen kann. Glasgras. Einen Buchstaben bloß ausgetauscht, aber für die Viecher und Kriecher und Pflanzen ist es eine völlig andere Welt: Jeder sieht Dich. Möchten Sie in einem Haus aus Glasgras wohnen? Na sehen Sie. Und von wegen Glashüpfer, da geht es dann schon los. Und halten Sie sich fest, wenn der Wind kommt. Ja, aber nur woran? Ja, aber nur wie? Entweder auf der Wiege ist noch Platz, oder ich suche mir eine andere Schaukelwiese. Haben wir gelacht und sind auf der nackten Erde gekullert, dass es geknirscht hat, ja die hat eben den Kahlkopf bekommen, eine Erde mit Kahlkopf, ist doch alles nicht so schlimm, das gab es früher auch schon. Nur früher gab es auch keine Menschen. Obwohl. Wir sind da auf einem guten Weg. Oder wollen sie einen Mächtigen als Mensch bezeichnen? Blasphemie!

Samstag, Mai 26, 2007

350

Der Hund. Und ein Auge auf den Hund

Hundert andere Gründe. Wie ein Gärtner der einen Austauschboden unter sich hat. Wie ein Gärtner der einen Austauschboden unter sich hat. Ich schreibe manchmal alles doppelt. Um in der Übung zu bleiben. Es ist gut in der Übung zu bleiben. Außerdem hat man dann eine Gewissheit. Und nichts ist in dieser Welt mehr wert als eine Gewissheit. Na gut, ein Klumpen Gold vielleicht. Aber eine Gewissheit ist auch nicht schlecht. Eine Information. Die Information ist das Gold der Armen. Die Information ist eigentlich Gold wert. Aber sie verfällt so rasch in den Taschen. Wenn man sie zur Bank getragen hat, ist sie schon verfallen, kaum dass man sie auf den Tresen legen will zum Eintauschen. Das gibt immer ein langes Gesicht. Das gibt immer so einen roten Kopf. Das lässt einen immer so ein wenig alt aussehen. Wir haben deshalb einen anderen Weg gefunden. Ich bin jetzt Nachrichtensprecher. Ich rede also über das Gold des kleinen Mannes. Und der kleinen Frau natürlich. Ich habe so etwas wie eine goldene Kehle bekommen. Das ist hübsch. Obwohl es manchmal ein wenig schmerzt beim hinunterschlucken. Aber so wenig wie eines ist so viel wie alles. Irgendwie.

Freitag, Mai 25, 2007

349

Der Minister pfanntasiert

Im Umkehrschluss: ein Pfeil ändert seine Richtung nur wenig, wenn man ihn schießt. Ein Mensch dagegen manchmal schon sehr. Weil der Pfeil, wenn er gegen einen Menschen geschossen wird, fliegt auf einer Art Kurve. Das liegt an der Schwerkraft. Dabei ist der Pfeil so leicht. Und der Mensch, wenn er getroffen wird, fällt auf die Erde und in sie hinein, auch wegen der Schwerkraft. Bevor er dann unten ankommt, verglüht er aber, wegen dem Kern. Der Kern der Dinge, der Kern der Welt, also das Lebbe an sich, ist nämlich ein Glühen. Das ist schon deshalb so interessant, weil die Hülle der Welt auch ein Glühen ist. Wenn etwa ein Raumfahrer zu früh aus seinem Raumgefährt aussteigt, weil er zum Beispiel die Orientierung verloren hat, oder weil er zum Beispiel die Beherrschung über seine Technik verloren hat, dann verglüht der auch. Gleich wie der Mensch, auf den man den Pfeil geschossen hat und der in die Erde fällt. Ich glaube, das verbindende Element dabei ist das Fallen. Der Mensch fällt. Und dann verglüht er. Wir sind alle Kometen. Komet Mensch. Das gefällt mir. Irgendwie wird mir ganz heiß. Und ich weiß nicht, wo ich bin. Unten. Oder oben?

Donnerstag, Mai 24, 2007

348

Der Minister tanzt

Und dann Klumpen. Zellen voller Klumpen. Ein Klumpen Mensch. Räumt das da weg. Die Klumpen Menschen ballen sich in den Ecken der Zellen, und der Weg ist langsam verstopft, ich habe mich verstopft, das Loch ist noch da, aber der Faden ist in die anderen Maschen, eingelaufen, eingerannt, umgeschnitten, aber wie geht das hier, ein Klumpen überall, und warum ist das nur so schwer, es hilft Dir keiner, wenn Du klumpst, Klumpfuß, Lampenschirm, ja wenn wir alle erste ein großer Klumpen sind, geworden sind, ja dann, Klumpfuß, Lampenschirm, Leuchtfuß, Strahlenschirm, immer besser, wenn man ein bisschen mehr sieht, ein Klumpen Licht an der Decke, da sieht man gleich den Unterschied. Klumpen. Fuß. Unterschied. Ein Klumpen Unterschied. Und sonst nichts. Ich habe nichts mehr zu verlieren. Lampenschirm. Hautnah. Strahlenschutz. Der Klumpen in Dir will mir etwas sagen. Der Klumpen in Dir leuchtet. Und macht sich auf den Weg.

Mittwoch, Mai 23, 2007

347

Himmel, und so weit

Keine Ahnung, wer mir das jetzt wieder geflüstert hat. Eine Tüte mehr von dem Zeug, und ich wäre mächtig geworden. Also eher ohnmächtig. Aber das muss ja keiner so genau wissen. Ich jedenfalls nicht. Was soll es auch bedeuten? Die Sonne scheint. Der Luxus dampft. In meiner Schüssel dampft der Luxus. Nein. In meinen Schüsseln dampft der Luxus. Vorher und nachher. Dazwischen dampft der Luxus in mir drin. Essen ist Luxus. Kacken ist Luxus. Viel Essen ist Luxus. Viel Kacken ist Luxus. Zuviel Essen ist Luxus. Zuviel Kacken ist Luxus. Luxus stopft aus. Luxus beult aus. Fett ist Luxusbeule. Fett ist Kacke. Kacke ist voll Scheiße, Du. Ein Kackadu. Bist Du. Steck Deinen Kopf ruhig in den Sand. Aber weißt Du, wer vorher hier gesessen hat?

Sonntag, Mai 20, 2007

346

Berlin: Die Neuen Fürsten kratzen sich den Arsch

Na was das noch werden soll, Sonntag und so weiter, viel große Sucht, viel kleine Wahn, und die Mahnfiguren an der Wand, kleine rotnasige Wichtel mit goldenen Zipfeln, nein Zipfelmützen, mit roten Nasen, da schau her, wir sind ungefähr da, wo Du hinwillst, und schau her, was es aus uns gemacht hat, und schau her, was es aus Dir machen wird. Da führt kein Weg daran vorbei, das ist eine Schlucht, Herr Wichtel. Na und so weiter. Sonntag und so weiter. Nusskuchen und so weiter. Und das Herrschaftliche frisst Pastete, und macht die öffentlichen Parks zu Museumsflächen, da schauen Sie mal, eine Trockenwiese. Aber NICHTS anfassen! Gell?! Wir haben dafür den Sonntag. Und auch, wenn es regnet! Ist das nicht schön?

Samstag, Mai 19, 2007

345

Alles anders, auf der Alb

Wieso haben wir hier immer so schweres Wasser? Das macht mir den ganzen Tee kaputt. Das macht mir immer die Tassen kaputt. Und die Kanne hat auch schon Risse. Haben Sie Kinder? Wir auch. Aber nicht mehr hier. Sie sind weg, in den Süden, wo die anderen Kinder sind. Die Reichen haben uns die Kinder weggenommen. Und lassen sie jetzt für sich arbeiten. DIE REICHEN SIND UNSER UNGLÜCK! VERFLUCHT SOLLEN SIE SEIN, DIE REICHEN! VERFLUCHT!

Das Land atmet. Das Land atmet auf. Das Land atmet ab. Das Land atmet schwer. Immer mehr, immer tiefer kommen die Hügel in das Tal. Das Land atmet schwer. Aber was kümmern schon die Bauern. Die meisten kommen nur noch über die Felder zu den Maschinen. Es ist eine Pest! Früher waren wir zu zehnt bei der Ernte. Heute fülle ich morgens die Maschine, und rolle alleine mit Gedröhn auf die Felder. Ich sitze im kühlen Käfig, draußen brennt die Sonne. Es ist so heiß! Es ist so unmöglich heiß. Mir wird die Stirn ganz schwarz, das viele Öl unter mir im Tank, das ganze Öl überall um mich herum. Schwarze Erde, schweres Öl. Immer schwerer. Wie aus der Sonne gefallen, getropft. Ein Tropfen hier, eine Bahn da. Das Öl wird uns unter sich begraben, wenn es erst den richtigen Weg gefunden hat. Wir werden im schwarzen Öl ersaufen. Es steht uns schon bis zum Hals. Bis unter die Stirn.

Freitag, Mai 18, 2007

344

Erst, jetzt, und früher dann

Kummer gewohnt. Abstellgleis. Haltesignal. Hier warten. Hier sitzen und warten. Nicht stehen. Nicht stehen bleiben. Sitzen machen. Und die Gleise rosten. Und das Gras wächst. Und das Glas wächst. Bis es Scherben wird. In einem anderen Leben wäre man längst ausgestiegen. Aber hier zu warten und zu sitzen, ein einfaches Rezept. Wo kommst Du her. Wo kommst Du denn her. Wo denkst Du denn hin. Wo gehst Du denn mit Deinen Augen spazieren. Wieso? Wieso ist heute schon wieder Weihnachten, nur weil das Konfetti aus den Häusern fällt? Ach, das sind ja Menschen. Körperregen. Das klatscht vielleicht. Wenn die schon mal den Stecker rausziehen.

Der Weg ist das Ziel. Der Weg da vorne ist nämlich ein Ziel, die Stapel laufen heiß unter dem Kiel, ganz heiß, da wo wir alle hinwollen, aus dem Strauch, raus aus dem brennenden Busch, aus dem Hirngestrüpp, aus dem verwinkelten verwackelten verwünschelten Rosengarten. Alles Kot hier, alles voller Hundemarken. Und Pfeile!

Ich und Du und Müllers Kuh. Aber die hatten doch nur Erde. Nein, Pferde. Und einen Traktor. Und ich durfte ihn in den Graben. Fast. Oder beinahe nur. Entweder grün. Oder rot. Aber wackelig. Aber stark. Aber heiß und wie Diesel. Und mit Diesel. Und riecht und heißt und schüttelt. Ein Traktor, der Georg heißt. Und der Weg war das Ziel, wie nebenbei. Und im Graben die Raben. Keine Auswahl. Große Auswahl. Kleines Ereignis. Mietwagen. Mietsklagen. Miezmaus. Mietshaus. Hausfall. Kehrwoche. Ja dann.

Donnerstag, Mai 17, 2007

343

Can Can, Dose

Kommt etwas Staub durch die Luft, sagt man gleich Sahara. Kommt etwas Regen, ist es gleich der Pazifische. Oder der Spezifische, was weiß denn ich. Jedenfalls habe ich kein Aquarium. Deswegen habe ich auch keine Freunde. Also FischFreunde, so Spezifische. Die einen jeden Abend verblubbern, wenn man von der Arbeit kommt, wenn man denn von einer Arbeit kommen kann, weil man welche hat. Also so Spezifische, die einen mit einem Blasenblubber begrüßen. Oder einem verknitzten Flossenschlag. Und dann sehen sie sich mit einem durch das Fernsehprogramm, am liebsten natürlich Filme über den Wald. Bambi sollen sie sehr mögen. Auch wegen der Farben. Oder Försterfilme. Alte Försterfilme. Mit Bergen und Försterhüten.

Filme über das Meer sind sind den Spezifischen dagegen meistens suspekt. Da wird zuviel hinein interpretiert, blubbern sie. Zuviel manipuliert. Da macht der Regisseur X zuviel Meinung Z. Spezifische sind eher kritische. Manche mögen auch Filme übers Fliegen. Weil es aber nur selten Filme gibt, die einen zweistündigen Flug über die Wolken aus der Sicht eines aus dem Fenster starrenden Guppys dokumentieren, bleibt diese Vorliebe meistens unerwidert. Jedenfalls habe ich kein Aquarium, weil das so viel Arbeit macht. Immer den Müll und die Kacke von diesen Fischen aufräumen. Und sie sehen einem dabei zu und man weiß nicht, ob sie nicht heimlich lachen über den Typ, der da ihren Dreck wegräumt. He, Müllmann. Da hinten schwimmt noch ein Stück. Werd bloß nicht nachlässig, Du! Ich kenne Deinen Chef! Und dann wollen Sie auch noch gefüttert und umsorgt werden. Und das alles für ein bisschen Freundschaft und ein paar Blasen extra beim Nachhause kommen. Außerdem gehe ich sowieso nicht weg. Ich bin immer hier. Ich bin immer da. Und dann immer die gleichen Typen um mich rum. Nein danke. Sucht euch einen anderen Idioten. Spezifische. Was für ein Blödsinn.

Mittwoch, Mai 16, 2007

342

Kurz und klapp, klar und klein

Murren und Muränen. Lückenbüsser. Ausstopfer alter Frauen, die sich zuviel gewünscht haben und dann doch nur irgendwo hängengeblieben sind, wo sie eigentlich nicht hingehören. Fünf Zimmer Villa am Stadtrand. Therapiegruppe am Seerand. Alpträume am Abgrund. Wenn das alles noch rauskommt. Wenn doch noch alles am Ende herausdrängt, alles was ein Leben lang reingestopft wurde, wenn da noch alles nach außen schiebt so kurz vor Schluss, ins Grab wollte ich das mitnehmen, in das dunkelgrüne Vergessen. Kannst Du vergessen. Aber interessiert sowieso auch keinen. Nur die Möbel, die will jeder haben. Und das Porzellan. Das Geld im Tresor. Egal jetzt. Die Brücke im Kopf wird bald geschlossen. Dann ist der Balken unten. Bald ist Balkenschluss. Bald ist Restprogramm. Graurauschen. Strohblume. Auf Wiedersehen. Auf Wiedergehen. Und keine Sentimentalitäten. Jeder ist mal dran. Jeder muss da mal ran. Kunst ist auch nur ein Fleck an der Wand. Oder ein Einrichtungsgegenstand. Ein Möbel. Kunst ist ein Stück Möbel. Ein Stuhl. Kunst ist ein Stuhl. Und manchmal ein Schrank.

Dienstag, Mai 15, 2007

341

Geradewegs ein Schaulaufen (Sauhaufen)

Aufgereiht wie Perlentaucher, wie Hundsköpfe auf einer Stange beim Hundemetzger, aufgezählt wie Hühnerärsche auf einer Stange, aber wenn da nicht der Kleber wäre oder der Tacker, nein, ist nicht wahr, die sind nur festgegackert. Kleinvieh macht aber auch Mist. Und wer misst, und wer einmal mitmisst, der kann was erleben. Tauchgang siebzehn, bitte bereiten Sie sich vor. Kleine Atempause noch.

Im Kummerbund Messer gefunden. Messer in den Bauch gerammt. Messer in den Kopf gesteckt. Kein Unterschied. Welt grau wie bisher. Welt schrill wie bisher. Welt schreit wie bisher. Messer weggeworfen. Neue Pizza bestellt. Fettschicht hilft. Fettschicht schützt. Meine Füsse sind schon weg. Nicht mehr zu sehen. Zehen krumm? Egal. Hauptsache rund.

Montag, Mai 14, 2007

340

Rotwein und Kuchen

Abgedroschene Bilder, überall, da ist keine Spur mehr von Korn, nur Kimme, aber das Saatgut, die Zelle keimt. Die Zelle ist nicht ohne Tür, aber ohne Schloss ist sie auch nicht. Die Zelle hat eine Wand, die Zelle hat eine Ecke, die Zelle hat einen Eimer. Vor allem aber hat die Zelle eine Decke, zu der sie alle hoch starren, die in der Zelle liegen dürfen. Bei manchem heisst die Zelle Zuhause, bei anderen heisst sie das nicht. Die Zelle ist eine Einzelzelle oder eine Doppelzelle. Manchmal ist sie eine Vielpersonenzelle. Oft ist die Zelle auch im Kopf, neben den anderen Zellen, eine Zelle macht noch keinen Sommer, dort schon gar nicht, die Zelle hier und die Zelle dort, und manchmal keimt so etwas grün wie die Hoffnung, oder blaue Funken kommen aus dem Moos, der Zellenwart hat wieder vergessen auszumoosen. Aber den Schimmel hat er abgekratzt, oder waren wir das selber, das bisschen machen wir dann noch schnell selber, das lassen wir uns nicht nehmen. Nicht auch noch. Wer hat gegeben?

Sonntag, Mai 13, 2007

339

Gefährten, geviertelt

Ich sehe kein Land. Ich sehe keine Palme. Ich sehe einen grauen Himmel der genausogut die Nebenwand des Nachbarhauses sein kann oder die Mauer eines Gefängnisses oder die kahle Wand in meiner Zelle. Ich sehe keine Palme. Ich sehe keine Insel. Ich sehe kein Meer. Das kann auch gut sein, weil dann sehe ich auch keine Haifischflossen, aber ich sehe manchmal ein Haifischgebiss, wenn ich den Fensterersatz öffne und in die Welt hinaus fernsehe, wo ich dabei nichts anderes sehe außer das was ich sehen soll. Oder darf. Oder nicht will. Wie man es will. Wie ich es will, ist eigentlich nicht vorgesehen. Eigentlich dachte ich, hier ginge es immer nur um mich. Glaubte ich. Glaube ich?

338

Messer im Mund

Die Flussmündung war gewaltig groß, wie das riesige Maul einer Papageienschildkröte öffnete sich dahinter weit der Dschungel, bereit mit seinem monströsen Schlund jeden zu verschlingen, der ihm zu nahe kam. Pére Pierre fühlte ein beträchtliches Unbehagen in sich aufsteigen. Hoffentlich hat es die richtigen Steigeisen dabei, sagte Pére Pierre halblaut zu sich, bevor er in sein winziges Kanu stieg und mit bedächtigem Schlag in Richtung des grünen Höllenhaupts paddelte. Ein kleiner Weg für mich, ein großer für die Gemeinde, beehrte Pére Pierre mit einem winzigen Fluch seine Dorfgemeinschaft, die ihn hierher gesandt hatte, als Überbringer einer Botschaft, die längst im Verdauungstrakt des Vergessens ruhte.

Der wuchtige Himmel über ihm drohte mit violettem Wolkenbruch, der gewaltige Strom unter ihm wandelte sich mehr und mehr zum lehmgelb wütenden Strudelfuror. Weitergehen, immer weitergehen, solange die Feife nich kalt wird und die Sähne noch halten, klapperte Pére Pierre mit den Zähnen. Es war mittlerweile empfindlich kalt geworden für einen Mitteleuropäer im Baströckchen und mit Bananenblatt auf dem Kopf. Scheißspiel, dachte sich Pére Pierre nochmal, einfach nur Scheißsspiel. Mitten im Winter ein Amateurvideo zu drehen, mitten in der Stadt. Mitten auf dem zugemüllten Fluss, mitten in der verdammten Fußgängerzone. Wo zum Teufel war eigentlich das Team? Und warum starrten alle auf sein Baströckchen? Und wieso winkten sie und pfiffen und schrien sie herum? Pére Pierre beschloss die schrecklichen Stadtbewohner zu ignorieren und weiter zu paddeln. Irgendwann würde die Fortsetzung der Geschichte kommen. Oder der Abspann.

Pére Pierre pfiff sein Lied und paddelte. Das Polizeiboot kam um die Ecke und röchelte. Der Schnee fiel vom Himmel und taumelte. Der Regisseur saß in der Bar. Die Bar schloß um halb drei. Das Eis schmolz. Leise klirrte das Glas.

Samstag, Mai 12, 2007

337

Neu hier, auch neu

Einmal auf den Weg gespuckt, schon ist ein Loch in der Straße. Ich sollte weniger beim Inder essen gehen. Ich sollte überhaupt weniger essen gehen. Hätten Sie einen Spucknapf für mich? Schön poliert, mit Kettchen dran? Nein? Oh. Dann war das ein anderer Film. Aber das Loch in der Straße, das mache ich noch zu. Später, wenn ich neuen Teer angerührt habe. Und einfach nur einen Stein, das geht nicht. Sowas geht überhaupt nicht. Der fällt aus dem Loch, und jemand anderes hinein, oder der hat dann ein Loch in den Zähnen, oder eine Lücke, eine Baulücke, und der Zaun ringsrum, der geht dann auf meine Kappe. Dann lieber Teer. Und eine kleine Feder oben drauf, meinetwegen. Meinethalben. Um wieviel?

Einschub: Schar Mützel. Da hinten laufen sie und haben alle einen roten Kopf. Eine Schar Mützel. Frisch aufgekocht.

336

Von dem Sand bitte noch

Meine Schnecken sind heute den Baum hinaufgeklettert, weit nach oben. Es hat geregnet und es sah sehr komisch aus, eilige Schnecken mit gestreiftem Schneckenhaus, die ganz gezielt in die Höhe zogen, ab in die Krone des Baums, während ringsum der Wasserfall auf die Schirme und Köpfe und auf den schwarzen Lack der Straße plodderte. Baumschnecken? Die wohnen vielleicht da oben in den Ästen. Oder es sind Selbstmörder, die sich dann nach unten in die Pfützen stürzen. Oder es sind Spasschnecken, die sich dann nach unten in die Pfützen stürzen. Nein, Badehosen hatten Sie keine an. Die waren wahrscheinlich noch im Haus, in der Wäschetruhe oder im Schrank. Nein, auch kein Handtuch oder Sonnenbrille. Eine Schnecke mit Sonnenbrille. Also sowas. Nein, das waren nur ein paar Schleimgleiter, die eilig den Baum hinaufwellten. Ziemlich eilig. Als hätten sie da oben was zu tun. Oder eine Verabredung. Da war das große SchneckenThing. Wie wir die Welt retten. Oder wie wir sie zerstören. Die Schneckenwelt, versteht sich. Schließlich leben wir im Föderalismus. Da kann jeder wie er will. Oder muss. Oder so.

Freitag, Mai 11, 2007

335

Einmal rundrum, bitte schön

Hauchdünn. Warteschlangen zischen Dir die Beine hoch, und die Drücker drücken bis auf die Kolonnenstraße. Heiligendamm, Heiligsblechle. Heilige Marie. Heile Welte, heile Welt, eine Welt, heiler Segen. Der Haussegen hängt wieder schief. Da hängt der Haussegen wieder schief. Da müssen wir gleich mal ran und den Haussegen wieder gerade. Es gibt so eine Sage, dass wenn der Haussegen schief hängt, dass dann das Glück aus ihm herausläuft wie das Wasser aus einem gestrandeten Schiff. Das Trinkwasser natürlich, weil der dumme Koch vergessen hat den Deckel auf den Tank zu machen und dann kippt erst das Schiff und dann der Tank und dann hängt der Schiffssegen schief, weil jetzt alle wieder an Land müssen und Wasser suchen. Aber eigentlich sind sie da schon, weil schließlich gestrandet. Also suchen sie sich ein Haus, und da hängt dann der Segen auch wieder Schiff, nein schief. Undsoweiter.

Donnerstag, Mai 10, 2007

334

Auf Du und Du mit Schnabelschuh

Was ist denn das für eine Sprache? Das ist eine komische Sprache. Das ist eine seltsame Sprache. Das ist eine andere Welt. Da kommt es nicht darauf an. Da kommt es nicht so sehr darauf an. In meinem ersten Roman werde ich eine Geschichte erzählen, die Geschichte eines taubstummen Hahns, der sich aufmacht die Welt zu erobern. Das hat noch keiner gesehen. Oder gehört. Also gelesen. Als Begleitung hat sich der Hahn einen Regenwurm angelacht, der klammheimlich auch so etwas wie eine essbare Notreserve darstellt. Das kriegt der Wurm natürlich irgendwann mit (Regenwürmer sind gar nicht so dumm, wie gemeinhin dargestellt), die Konflikte sind vorprogrammiert. Naja. Und das Kapitel, wie der Hahn eine Sommervertretung als Weckrufer auf einem Bergbauernhof antreten soll, und was dabei herauskommt, das ist besonders lustig. Wie er manchmal morgens den Traktor des Bauern starten muss, damit alle aufwachen, aber die Batterie ist leer, und wer hilft jetzt beim Schieben? Die Konflikte sind vorprogrammiert. Auch der Schluss ist sehr schön, wie der Hahn und der Wurm endlich in Portugal ankommen aber nicht so recht wissen, wie sie sich eine...Aber das wird der geneigte Leser schon selbst erfahren, wenn das Buch erstmal fertig ist. Dafür muss ich erstmal anfangen es zu schreiben. Also entspannen Sie sich, und entneigen Sie sich. Sowas kann dauern. Wie man weiß.

Dienstag, Mai 08, 2007

333

Ein Viertel, und zwar rot

Und der Sturm wird blasen, dass es einem die Irrlichter weghauen wird. Und trotzdem, ich bin nicht zufrieden. Ich kann nicht zufrieden sein. Ich lasse niemand mehr an mich heran, ich bin ein wütender knurrender Hofhund mit einer Kette und einem Stachelband um den Hals ich fletsche die Zähne ich rieche schlecht aus dem Maul und versuche immer die Kette durchzureißen und mich auf die Umstehenden und ihre Wurstzehen zu stürzen und sie bis auf den Wahnsinn zu zerfleischen ihnen das Wurstzehenfleisch von den Knochen zu reißen bis der Wahnsinn endlich aus dieser Fußhaut heraus kann. Der leuchtet doch schon aus ihren Schuhen! Stellt sich nur eine Frage vor das Windlicht der Zeit – und dann?

Montag, Mai 07, 2007

332

Ein Pfeilaroma durch den Raum

Hut auf, und dann wieder Hut ab. Gleich nehme ich Notiz von meiner Dergestalt. Die Dergestalt hat bisher bei mir in einer Ecke meiner Wohnung gewohnt. Bei dem Haken an der Wand. Sie ist mir nicht besonders aufgefallen. Nur manchmal mit einem kurzen Schulterzucken. Das sah achtlos aus, war aber auch nur so gemeint. Meine Dergestalt hätte es andererseits glaube ich schon ganz gern gehabt, wenn sie etwas mehr Aufmerksamkeit bekommen hätte. Nicht immer nur einen Schal, einen Hut und ab und zu die Kette mit dem Haustürschlüssel an den Hals.

Jedenfalls ist jetzt alles klar und gut zwischen mir und meiner Dergestalt. Wir haben uns irgendwann aus- und angesprochen. Oder umgekehrt. Jetzt sitzen wir abends gerne zusammen und trinken ein Glas Wein. Oder spielen ein Spiel, oder machen gar nichts. Dann sehen wir uns an und ab und zu lachen wir oder zucken kurz mit den Schultern. Meine Dergestalt ist eigentlich sehr lustig. Ich bin dagegen eigentlich überhaupt nicht lustig. Deshalb lachen wir auch nicht sehr oft. Deshalb bringen wir auch überhaupt nichts anderes zuwege. Oder zustande. Wir verbringen eben unsere Zeit. Das ist ja auch schon etwas.

Sonntag, Mai 06, 2007

331

Kommentar mit Säbelsäge

Es gibt immer was zu tun. Es gibt immer was genug zu tun. Bis alles was getan werden konnte so getan ist, dass niemand mehr etwas zu tun hat. Haben Sie nicht mehr zu tun? Haben Sie eine andere Idee? Wenn ja, schweigen Sie sich aus. Falls vielleicht, kommen Sie auf den Punkt. Oder schwitzen Sie Ihre Idee einfach aus. Lassen Sie sich dabei aber nichts anmerken. Lassen Sie aber auch nichts anbrennen. Lassen Sie nichts auf eine gute Idee kommen. Sie ist ihre Zeit wert. Gute Ideen werden nämlich wie Ananas ganz grün angeliefert. Sie müssen erst noch nachreifen. Wenn man sie dann aber nicht relativ zeitnah fertigdenkt, fangen die Ananasideen an zu riechen. Meistens. Und irgendwann fangen sie an zu stinken. Gute Ideen stinken. Wenn man sie zu lange liegen lässt. Gute Ideen können einem den ganzen Kopf verstinken. Gute Ideen, die einem ins Bett fallen und die man übersieht weil man grüne Bettwäsche hat oder keine Lust sich auf die dumme Idee einer grünen Bettananas einzulassen, können einem den ganzen Tag versauen. Wenn man ihn im Bett verbringt. Also schlafen Sie gut. Bis obenhin.

Samstag, Mai 05, 2007

330

Axel hat eine Reise getan

Im Hufeland, da haben sie alle einen grünen Kopf. Und ein blaues Gehirn. In Hufeland heißen die neuen Kinder Ilja und Tanja, und die alten Menschen werden Kurt genannt. Manche auch Karen. Und wenn Ilja und Tanja oder Kurt oder Karen auf der Straße zu sehen sind, lachen die anderen Menschen und freuen sich. Andere werfen mit Steinen, die sie hoch über sich werfen und dann mit dem Mund wieder auffangen. Flagge zeigen. Flagge. Eine große mit erzbraunem Koffer in der Mitte. Und was soll das heißen? Und was will uns das sagen? Da steht einer auf und jagt alle wieder aus dem Land. Wer? Richtig. Keiner.

329

Zehn Prozent, und auch so

Klauen. Und Benzin. Die Klauen in die Erde, das Benzin darüber. Brennendes Verlangen, auf den Grund gegangen. Es glüht nach, mir kommt die tropfend heiße Verwirrung in den siedenden Kopf. Von hier aus gesehen sieht die Stadt ganz friedlich aus. Überall ist es ruhig, kleine Feuerchen brennen, und die Antennen ziehen bunte Bildchen aus dem Medienstrom, der wie eine Wolke hungriger Geier über den Häusern kreist. Natürlich haben längst alle Kabel, aber es ist so ein schönes Bild. Und es trifft den Kern. Ich stehe auf einer Anhöhe über der Stadt. Die kleinen Feuerchen fressen mir kleine Löcher in die Jetzthaut, in die Netzhaut, quecksilbrige Farbenfische. Alles ist immer so hungrig hier. Jeder will sich satt sehen, an den Bildern, am Benzin, an der Bewegung, am bunten Licht, das sich an den Häusern entlangzieht wie explodierender wilder Wein.

Freitag, Mai 04, 2007

328

Error in minor, C2

Was mach ich denn bloß, was tu ich denn nur, wenn die Schweine mir dauernd durch den geflickten Gartenzaun rennen, und meine grüne Seite, also mein lebhaftes Gemütsgemüse, das kommt mir alles durcheinander wie ein großer Witz, wie eine ganze Witzeplatte kommt mir das vor, wie eine große gemischte Witzeplatte, und oben drüber da haben sie meinen Kopf gelegt, mit einer Banane im Ohr, das ist witzig! Das ist so witzig! Das ist überhaupt nicht witzig! Ich muss nicht lachen! Hört keiner mein Lachen? Nein? Es gibt auch keines!

Donnerstag, Mai 03, 2007

327

Zu Hauf, und zu unterst

Im Regen sitze ich und lese Deine blasse Botschaft. Das fängt gut an, so mit dem Regen und dann diese blasse Botschaft, die Zeilen gehen also runter von dem Papier, nicht alle auf einmal, überhaupt nicht, sondern nach und nach, sie verschwinden Wort um Wort, sie verblassen regelrecht, sie werden eins mit dem Hintergrund, sie verschwimmen also nicht etwa, sondern vergehen nur. Das steht dann ja auch da. Im Regen sitze ich und lese Deine blasse Botschaft.

Mittwoch, Mai 02, 2007

326

Gestern ist vielleicht

Das ist geschickt. Das ist wie Flasche ins Meer, und es glitzert. Aber alles was auf dem Zettel steht, das wird braun mit dem Papier, und zerfällt irgendwann. Die Flasche ist die Botschaft. Die Botschaft ist eine Nachricht: Ich bin hier. Ich bin ein anständiger Mensch. Ich bin ein inständiger Mensch. Ich klemme Bretter zwischen andere Bretter und nenne es Regal. Ich klammere mich an althergebrachtes. Ich versammele meine Wut, fülle sie in Gläser und beschrifte die Gläser. Auch Wut hat ein Verfallsdatum. Und Wut zerfällt zu nichts. Wut verraucht, praktisch. Aber das kann dauern. In der Zwischenzeit klammere ich mich inständig an das anständig sein. Und an die Bretter.

Dienstag, Mai 01, 2007

325

Winter war gestern, aber Sommer auch

In der Nacht kommen die Wolken alle in die WolkenWaschAnlage. Da werden sie einmal ganz durchgewaschen, und einmal nur halb. Weil wenn die Wolken ganz weiß wären, also wenn alle Wolken völlig weiß wären, die Leute würden denken, da ist Papier am Himmel. Und Papier, das gehört auf den Tisch, mindestens auf den Boden. Papier ist die ausgepresste Hinterlassenschaft toter Bäume. Papier ist die Genugtuung einer fatal kriminellen Gesellschaft. Wir haben alle aufs Papier gesetzt. Aber es gibt doch immer weniger Bücher. Aber es gibt doch immer mehr Dichter. Aber es geht doch nur um das Prinzip Leichenschau. In den Häusern drinnen wälzen sie sich auf dem Boden. Dreck panieren heißt das. Sich mit Dreck panieren. Und dann ab in die Hitze der Stadt. Ich glaube, in meinem Kopf sind ein paar Straßen gesperrt. Und die Hinweisschilder sind nicht aus Papier.

Montag, April 30, 2007

324

Mau und Frau

Haut und Freunde. Und alles vorbereitet für den großen Tag. Die Herren Reiter auf den unsichtbaren Pferden stehen auch schon da. Sie warten. Ich wäre gerne da, wo die unsichtbaren Pferde sind. Aber da sind auch die Herren Reiter und warten mit den Sätteln in der Hand und dem Gesichtsausdruck im Gesicht, und dem Gesäßeindruck im Sattel. Ich bin kein Herrenreiter. Ich habe nur ein halbwildes Schwein. Die Herren Reiter schütteln traurig die Reiterköpfe. Und die unsichtbaren Pferde fressen den Hafer und mahlen ihn dabei.

Sonntag, April 29, 2007

323

Abgeneigt und hingerissen

Komma. Und Pause. Und wieder Komma. Leerzeichen. Punkt. Ich kreise wie der Gedanke über mir mit seiner Gehirnnabelschnur, der mich nicht mehr loslässt, ich drehe mich auf der Straße und sehe nach oben, da sind lauter solche von diesen Gedanken, und alle kreisen, und die Gehirnnabelschnüre sind mit den Köpfen verbunden und drehen sich alle mit über den Menschen. Aber sie geraten nicht aneinander und nicht durcheinander, da gibt es wohl einen Großen Plan, einen großen GeheimFahrPlan, dass sich die Gedanken nicht in die Quere kommen, und sich mit den Gehirnnabelschnüren gegenseitig verheddern. Dann stürzten sie ab und alles wäre zu spät, keiner dächte mehr im Kreis, allen wären die Gedanken frei, ausgerissen aus den Köpfen, und ob das so gut ist. Also die Partei hat dazu ihre eigene Meinung. Und die hat schließlich Erfahrung.

322

Auf der Landebahn brennt Licht. Oder nicht.

Wie geht es meinen Fehlern? Teufel, Teufel, na, meinen Fehlern geht es gut. Ich habe einen ganzen Stall voller Fehler, das ist mein Fehlerstall. Morgens bin ich der erste bei meinen Fehlern, und füttere sie. Abends bin ich der letzte bei meinen Fehlern, und wünsche Ihnen eine gute Nacht. Ich bin so etwas wie ein FehlerVater. Ein vorbildlicher Erzeuger, der mit ihnen spielt, und dann bin ich fehlerbehaftet, überall. Immer noch besser als vermängelt. Ich bin etwas zu gut für meine Fehler. Falsch. Da ist wieder einer. Ich bin zu gut zu meinen Fehlern. Na vielleicht, weil später, also irgendwann einmal, ein gescheiter Mensch aus mir werden soll. Weil aus Fehlern wird man klug. Und aus Fehlern kann man lernen. Also habe ich mir jetzt gestern eine Heizplatte gekauft. Für den Hasenleim. Und die Fehler. Für eine andere Katastrophe. Kostprobe gefälligst?

Mittwoch, April 25, 2007

321

Das Bisschen Realität

Auf den Straßen. Auf dem Weg. Unterwegs auf dem Weg auf den Straßen auf den Wiesen. Unterwegs auf dem vielen Stein. Unterwegs auf dem Asphalt. Unterwegs in niederen Gebieten. Unterwegs auf der Flucht. Unterwegs im tiefen Gestapel. Unterwegs, überwegs.

Auf der Flucht. Ich schreie. Ich schreibe. Ich schieße. Ich schieße schreibende Schreie, ich explodiere. Ich pronounciere. Ich nehme mir eine ganze geballte Ladung. Heraus, heraus, kommt alle heraus! Keiner kommt. Keiner kommt heraus. Niemand kümmert sich. Ich scheiße schiebend schütternde Haare in den Wind. Ich schlemme schlürfend saugende Klomaden. Keiner kümmert sich.

Mein Lehnstuhl lehnt an der Wand. Die Wand hat Einschusslöcher. Mein Kapital ist die Kunst. Meine Kunst ist das Kapital. Ich bin ein Schweineschmalzverehrer. Ich schlage naserümpfend gegen die Wand. Mein Lehnstuhl zittert. Meine Flucht ist gefährdet. Die Schweine freuen sich. Sie schreien ihre Freude in die Stadt. Keiner kommt. Niemand kümmert sich.

Ich schieße wieder. Ich scheiße wieder. Ich schmalze mir das Haar mit den saugenden Klomaden. Ich gehe auf die Straße. Ich renne auf den Asphalt. Ich brenne, ich reiße mir die Angst aus dem Kopf, ich schreie rennend gegen die Wand, gegen die Lehnstühle, gegen die Wand. Ich blute. Die Schweine schweigen. Das Schmalz tropft.

Mir fällt ein, ich wollte abends noch einen Verehrer treffen. Ich färbe mir die Lippen mit meinem Schweineblut, ich kämme mir die Maden aus dem Haar. Ich bin unterwegs. Ich bin wieder unterwegs.

320

Kranz auf Papier

Ich bin meinem Zimmer. Ich liege. Ich sehe an die Decke. Die Decke ist niedrig. Die Decke hängt über meinem Kopf. Ich bin mir nicht sicher. Ob die Decke hält? Einfach ist so etwas nicht. Es ist mir peinlich. Ich habe Angst. Die Decke hängt weiter. Mein Nachbar ist zu Besuch. Ob er wiederkommt? Was wird dann aus der Decke? Und was wird mit mir? Mein Nachbar ist schon lange auf Besuch. Vielleicht kommt er nicht. Vielleicht kommt er nie. Nie wieder. Dann kann ich hier noch lange liegen.

Ich bin in meinem Zimmer. Ich liege. Ich sehe an die Decke. Die Decke hängt. Mein Tag hängt. Die Nacht hängt. Mein Leben hängt. Mein Leben hängt. Mein Nachbar kommt nie wieder. Ich werde aufstehen. Ich werde aufstehen und nach meinem Nachbarn sehen. Ob in seinem Zimmer auch die Decke hängt? Ob mein Nachbar an seiner Decke hängt? Ich hänge an meinem Leben. Ich bleibe liegen. Ich sehe an die Decke. Die Decke hält. Die Decke hält. Was sie mir verspricht?

Dienstag, April 24, 2007

319

Früher waren es die Haare

Ich habe keine Aufgabe. Ich will keine Aufgabe. Ich schreibe nur so vor mich hin. Mein Name ist kleiner See. Ich werde von schmalem Wasser und kleinen Bächen gespeist. Ich gebe und ich nehme. Manchmal bringt sich jemand um in mir. Manchmal sterben Leute in mir. Meistens aber nicht. Sondern sie freuen sich mit mir, an mir. Ich bin ein kleiner See. Mehr rund als lang, und nicht besonders tief. Mein Wasser ist blau, an manchen Stellen, wo es keiner sieht. Ansonsten ist mein Element grün, eigentlich wie Schlamm. Schlamm, Schlamm, Opferlamm. Ich habe wenige Fische und viele Kröten und auch Frösche. Und Hüpfer und Hopser, und Grasschlangen, und einen Menge alter Fahrräder in meinem Bauch. Ich bin ein kleiner See. Manchmal tanzen mir die Schmetterlinge auf der Nase herum. Manchmal sind es die Libellen. Meistens sind es die Libellen. Libellen tanzen besonders schön, wenn sie tanzende Schmetterlinge gefressen haben. Ist kein reines Vergnügen hier bei mir. Ist nur ein kleiner See. Aber mindestens habe ich keine Krokodile.

318

Wäre heute Winter, wäre vielleicht Weihnacht

Die erste der großen Schlittschuhbahnen wurde im Winter des Jahres Neunzehnsiebenundachtzig aus dem Fels gegraben. Leider besaß keiner der Bedachten und Beschenkten einen Führerschein für eingleisige Fortbewegungsmittel. Also blieb der eilig angereiste Aufsichtsbeamte mit den frostverklebten Augenbrauen für lange Zeit der einzige Nutznießer der Anlage. Ein paar Male kam zwar die Eisprinzessin aus der Höhe herabgewirbelt und machte der Schlittschuhbahn ihre Aufwartung. Nach einigen wenigen Pirouetten und halbgeschraubten Rittberger-Variationen verschwand aber auch sie wieder schnell in anderen Sphären. Nichts los hier. Und der Typ da hinten sieht aus, als ob er gleich meinen Führerschein sehen wollte. Nee, mein Bester, da geben wir uns mal ein anderes Mal die Hand. Ich habe Schwalbennester auf dem Herd! (Die letzten Schwalben wurden vor ungefähr zehn Jahren im Dorf gesichtet, gerade als die Arbeiten an der Eisbahn begannen. Man sagt, alle Schwalben hätten sich versammelt und wären dann gemeinsam in einer großen dunkel flirrenden Schwalbenwolke verschwunden. Vorher hätten sie aber noch ein letztes Mal gemeinsam auf den großen Dorfplatz gekackt.)

Jedenfalls ist eine Schlittschuhbahn ohne häufiger anwesende Eisprinzessin nicht gerade das, was man als Attraktion bezeichnen könnte. Und der große Haufen Schwalbenkacke auf dem Dorfplatz konnte bisher auch niemand über die große Barriere locken. Naja. Vielleicht nächstes Jahr. Man soll die Hoffnung nie aufgeben, sagt auch der Wächter der Schlittschuhbahn. Und schmiert sich neues Eis auf seine Augenbrauen.

Montag, April 23, 2007

317

Ein leichtes, aber unter Schwertern

Hochglanzsaiten. Pittoresker Ton, eines der ganz anderen Klaviere, nur schwarze Tasten, und das weiße Lächeln durchzieht den Raum, bis zum Mars. Milchstraße von mir aus, von hier aus. Glaubhafte Zeugen sind keine mehr unterwegs, nur traurig leuchtende Giraffen, Wegweiser durch und durch. Auf das Grün kommt es an. Aber der Staub der Savanne kennt eine andere Geschichte. Mach mir doch wenigstens etwas Mut, alter Baum, gib mir doch etwas von der heiligen Sorte. Nichts davon ist wahr, man hat uns alles nur geträumt. Bald werden wir aufwachen, am ausgetretenen Ufer dieses braun verschlierten Flusses, und die toten Fische mit den weißen Bäuchen werden neben den toten Kindern mit den aufgedunsenen Bäuchen liegen, mit aufgerissenen Augen. Fresst die Reichen. Mästet die Armen. Weil unter den Seinen ist der Herr ein anderer geworden.

316

Am Heu ein Wagen

Klamm
heimlich über den Berg
Das Vieh brennt. Die Bauern vertrocknen
Die Häuser werden Saft. Schattensaft
Lawinengefahr. Sturzseen
Ich habe keine anderen Gedanken
Tauschen Sie mir die hier um
Schnee fällt
Der Schnee fällt. Bitterkälte in meinem Arm
Schafe, Schläfer und noch eine Glocke
Im Pfarrhaus ist noch Licht
Der Kirche fehlt das Dach
Auf der Wiese sind die Halme ungeschoren
Die Schafe frieren
Bitterkälte. Edelkälte
Gefrorene Schokolade
Das Eis ist warm. Es fließt
Eis fließt. Der Strom ändert seine Richtung
Die Sterne schweigen
Klammheimlich
Über den Berg.

Sonntag, April 22, 2007

315

Engpass: Regeneratives Konstrukt

Immer Lamm, und wieder Opfer, und die Kanüle fester gezogen, bis der Arm aus der Schlinge in den Altar rutscht. Wir haben die Droge nicht erfunden, die gab es schon vor unserer Zeit, wir haben ihr nur den Weg etwas eingeebnet. Damit sie leichter in die oberen Regionen kommt, in die Krone, es stürmt wieder! Hagelzucker! Blitzendes Blei, das kann es nicht geben, das muss ein Überzug sein. Eine Pellerine, oder ein Paladin. Wenigstens das.

314

Unterschichten, Hautatmung

Kartoffeln. Kartoffeln. Erdäpferl. Und nichts weniger als feuchtes Schmatzen überall, den runzligen krumigen Zungenschlag mit Obers, mit der Forke aus dem Fleisch geholt, dem Fleisch der Erde ringsum, und die gewundenen Krautschlangen im Feuer geröstet, nur wegen dem Geruch, aber die Äpfel auch mittendrin, ganz schwarz und schwer, schwarz wie Kohlensteine, schwarz wie Diamanten eines Vulkans, gelb platzt die Köstlichkeit nach draußen, sie drängt heraus, und heiß werden die Finger, heiß wird der Bauch, und die Luft ist voller Äpfel, Erdäpfel, Garten Eden, Mittelerde. Hochgefühl auch ohne Baum.

Freitag, April 20, 2007

313

Einzeilen, das ganze Pack hier!

Ich stelle eine Frage. Niemand antwortet. Ich mache ein Fass auf. Aber es ist leer. Es war nie etwas anderes darin als diese kleine grüne Glasmurmel. Die stecke ich in die Tasche, ohne mich zu wundern, dass ich schon eine Hose anhabe, und woher. Allerdings stehen mir auch am Hemde alle Möglichkeiten offen.

Donnerstag, April 19, 2007

312

Vorstrumpf, oder Wadenkleister

Die Kunst liegt darin, sich das wenige was man hat nicht auch noch zu versieben. Weil feiner Sand tut nicht nur den Augen weh. Lächelnd erklärte er die Katastrophe zur Lappalie, und ließ dabei wie nebenbei die Haare seines Schnurrbarts traurig in die Suppe hängen. War ein echter Kater, der Gesell. Auf Katerine war noch nie Verlass, hatte er inständig sein Katermantra gemurmelt, als er letztes Wochenende bitternass geweicht und knochennah verfroren vor der Haustür stand und seine handgeknüpften Handbesen zum Verkauf anbot, die irgendwo von einer Ladefläche herunter und direkt in seine Hände gefallen waren. Ein Kater, der Hände hatte, war eigentlich und auch natürlich eine Seltenheit. Fast so selten wie handgeknüpfte Handbesen. Es war insgesamt eine seltene, eigentlich eine seltsame Anhäufung von Momenten, dieses magische oder auch nur teilmagische Wochenende mit den vielen zitternden Tieren in strömenden Mitternachtsregenfällen überall vor den geschlossenen Haustüren, und mit den Ladeflächen, die unwahrscheinliche Dinge wie selbstverständlich durch eine wie im Schlepptau taumelnde Zeit transportierten.

Jedenfalls brauchten wir keine Besen. Aber ein händeringender Kater, der mit seinen Haaren die Suppe rühren konnte, der hatte uns gerade noch gefehlt. Außerdem wusste er, wie man ungesehen in den Palast des Königs kam, und ungehört wieder heraus. Wenn es uns gelingen würde, den Rest seiner Geschichte mit der geheimen Schatzkammer zu verknüpfen, waren wir auf der sicheren Seite. Wir arbeiteten daran. Tag und Nacht. Begleitet vom Zähneklappern der anderen Tiere, die sich alle auf dem Fensterbrett versammelt hatten, um wenigstens etwas vom Licht und Glück der kleinen Stube zu erhaschen. Sorry, Leute, aber wir auf dem Land haben für Hippies nicht viel übrig. Macht euch nackig, wenn ihr ins Fernsehen wollt. Und das Fell bürsten!

311

Einmal von die Fische, und auch von dem Grün

Brumm brumm machte der Lastwagen. Brumm brumm machte der Fahrer des Lastwagens. Brumm brumm machte die Straße in der Stadt jeden Tag, wenn der Lastwagen mit den anderen seiner Art über die holperige Straße hinwegbrummte. Sie waren alle auf dem Weg zu etwas Arbeit, die sich irgendwo im Süden angesammelt hatte und nun nicht mehr weiterkam ohne die Hilfe der brummenden Lastkahnroller. Brumm brumm. Brumm brumm. Blöder kann man einen Text auf keinen Fall nicht anfangen, dachte sich der Schreiber, brummte unzufrieden und machte, dass er zwischen die weichen Kissen seiner ausufernden Bettstatt kam. Morgen war auch noch ein Tag. Leise murmelte er sich brummelnd in einen leichtfüßigen Schlaf, wo ein Traum endlich die Ohrenschützer abnehmen und sich mit wispernder Flügelschraube auf den Weg machen konnte. Der konnte was erleben. Soviel war schon mal sicher.

Mittwoch, April 18, 2007

310

Auf Du, Du und Du

Wissenswertes über Andalusien. Weiße Pferde gibt es da, edle Menschen, hochgesteckte Haare. Und Fächer. Eifrig gefächert werdende Fächer. Überall sind Fächer. Wegen denen man bei uns die Schubladen erfunden hat. Aber anderes Thema, wir bleiben bei die Fächers. Und plötzlich vielen weißen Perlen auf dem Boden, wo die andalusischen Tänzerkerlen sie sofort zertrampeln wollen, (Tänzer, Busen, Perlen, Fächer, remember Fächer?), sie trampeln immer rhythmischer den Perlen hinterher (Kerlen und die hochhaarigen Perlen), aber die kleinen runden Weißen rollen aus dem Weg, sie kullern und kellern aus dem Saal und aus dem Haus der Stadt dem Land, die tänzelnden Trampler kommen nicht mehr richtig in die Spur mit ihrer Formation, mit den festen Regeln (und den Fächern), mit allen Wassern der Kunst tanzend trampeln sie zu langsam den rollenden Perlen hinterher, die ja sonst wieder nur vor die Schweine. Perlen und Kerlen rollen und tanzen und trampeln über die Berge. Es wird still in Andalusien. Nur ein sanftes Rucken geht noch wellenförmig und ansatzweise durch das Land. Ausgerollt. Ausgetrampelt. Entperlt. Vertanzt. Ich glaube für den Sommer brauche ich auch einen Fächer. Und schöne feste Schuhe. Für die Berge.

Mit einem schlichten aber nicht wenig von Wahrheit geprägten Satz verabschiedete sich der Haus- und Landwirt Alfons P. in einen dreißigjährigen Urlaub: „Na, ich kanns halt nicht besser.“

Nachflügler: Alles auf Konzept, und das Papier in der Sonne wird sich dunkeln. Mit der Zeit. Wir auch.

Horch, was kommt von draußen rein? Wird doch nicht der Metzger sein? Weißes Hemd und Leberfleck. Weißes Hemd und Leberfleck, oder ein Stück Herz geht auch, an der Backe. Nur keinen Darm um den Hals, nur keine abgehackten Füße in der Tasche, nur keinen Kopf am Hals. Horch was kommt von draußen rein, wird doch nicht der Metzger sein. Kettenhemd und Anfängerglück. Eine Mörderangelegenheit. Mit Messern rundum, und einem Schlingenschal, und einer Schlinge am Hals, eine Schlange am Busen, und hast Du nicht gesehen? Sie war ganz grün.

Und einen Draht in das Bewusstsein, und einen Draht direkt zum Mensch. Den Draht machen wir rostfrei, und lang, und lange haltbar, und mit dem Draht machen wir die Verbindung. Den großen Kontroll. Dein König. Dein Tyrann. Mit Rädern unten dran.

Mein Fisch ist ein Sportmodell. Macht 200 Sachen die Stunde. Das Problem: ich weiß nicht, was für Sachen. Ich weiß nicht, was für Sachen das sind. Also wer seine Sieben Sachen da im Wind hängen hat.

Hundertschaften und ein verliebter Gockel. Und der Satan hat es uns noch nicht verraten, aber ich glaube, dass Rot die neue Farbe wird. Also auf jeden Fall. Also immer ganz der Nase nach. Der Geruch nach frischer Erde im Frühling hat etwas Beruhigendes. Die Pflanzen, sie brechen die Erde auf beim Wachsen, sie brechen die Erde und drehen sie um. Das riecht man dann alle naselang. Wenn man nicht immer gleich Müll gemacht hätte, oder Mist, man hätte sich glatt daran gewöhnen können, an diesen frischen Erdgeruch. Da gab es einen, der hat das einfach so getan. Ist einfach so zum Bau, während wir noch in den Schulseilen hingen, ist einfach so ans Gruben graben gegangen, mit seinen langen Haaren, an die Schächte und Straßen, an die Gräben und Erdlöcher, wo er gar nicht hinpasste. Hat der trotzdem gemacht. Ohne Rücksicht auf die Imagefrage. Und die hat sich gestellt! Jedem, der in den Weg und in den Raum kam. War Enterprise damals. Vieles auf spitzem Ohr. Weghören von der Wand. Was neues im Busch? (Goggo, er hieß verdammt nochmal Goggo. Und war genau so verloren beim verdammten Schwabenpack wie viele andere mit ihm. Maden-Württemberg. Ich glaube, der ist auch tot inzwischen. Mörderschwaben.)

Dienstag, April 17, 2007

309

Zwielicht, Halblicht, Irrlicht (Zweite Treppe links)

Guten Abend. Ich habe eine gute Nachricht für Sie. Etwa so: her mit Ihrem Geld. Aber hurtig. Hundert, zweihundert, danke das ist genug. Einen schönen Abend noch. Grüßen Sie Frau und Kinder. Ein höflicher Räuber. Aber ich habe gar keine Kinder. Und die Frau ist immer noch nicht zurück, seit dem letzten Abend vor dreizehn Jahren. Vielleicht weiß er mehr. Vielleicht ist das gar kein Räuber gewesen, sondern ein Hellseher oder ein Wahrsager. Und das war eben seine Gebühr. Ein weiser Großwesir aus der Vorstadt. Hat hier irgendwo seine Zelte aufgeschlagen. Weil es gerade wenig Laufkundschaft gibt, hat er sich einen ausgesucht. Mich. Oder er hat mich ganz persönlich aufgesucht. Ist stundenlang durch die Stadt gelaufen, bis er mich findet. Obwohl. Als Hellseher hätte er vorher wissen müssen, wo ich bin. Sehen schließlich alles doppelt gut, diese Typen. Eigentlich sind das ja Vorseher. Vorherseher. Nachherseher wäre schlecht, irgendwie. Nachherseher sind wir alle. Irgendwann. Hätte ich bloß nicht diese karierten Hosen gekauft. Hätte ich bloß nicht diese Frau geheiratet. Na, wenigstens ist sie weggelaufen. Aber wenn der Typ recht hat, kommt sie wieder! Und ihr schreckliches Essen! Und diese Zähne! He! Stehenbleiben! Ich will mein Geld zurück!

Hauptsache Kopf: Schwerpunkte haben die Eigenschaft, sich am Grund einer Sache zusammenzuziehen. Dort sitzen Sie dann und ziehen und ziehen immer weiter zusammen, bis sie einen neuen Kern entwickelt haben. Der spaltet sich, manchmal, und dann wird irgendwann alles ganz bunt. Zum Beispiel die Vielfalt. Also ein Schmetterling käme ohne Vielfalt gar nicht aus, heutzutage. Oder denken sie, Schmetterlinge könnten mit Einfalt leben? Oder auch nur überleben, als Bodentier? Schau mal, da läuft ein Schmetterling. Toll. Nein, es gibt eine Weisheit in der Natur, die ist älter als jede Philosophie. Natürliche Weisheit. Ohne Zusätze und Konservierungsmittel. Allerdings mit unbarmherziger Konsequenz. Andererseits – wer sagt, dass Philosophie barmherzig ist. Tröstlich manchmal. Aber da muss man sich ihr auch schon ganz und gar hingegeben haben. Wer will das schon. Kein Mensch, den ich kenne. Das ist sowas von unnatürlich. Sowas von unecht. Unursprünglich. Nichtecht. Nicht lichtecht.

Hauptsache Kopf. Hustenanfälle am Morgen weisen auf eine oberflächige Art der Betrachtung hin. Also hemmen Sie ihren Schuh. Geben Sie dem Affen Zucker. Sie haben keinen Affen? Nehmen Sie diesen mit Schokoladenüberzug. Und stellen Sie ihn in die Sonne. Dann kommen Sie wieder und kaufen sich einen neuen. Das sichert Arbeitsplätze. Auf der ganzen Welt. Und sie können sicher sein, eine gute Sache getan zu haben. Für uns alle. Vor allem natürlich für uns. Und die Aktionäre. Morgen ist wieder Aktionärstreffen: Man braucht eine andere Kultur der Aktionäre hierzulande. Haben Sie das gehört? Haben Sie das auch verstanden? Und jetzt kümmern Sie sich um einen neuen Text, und ein anderes Licht, einen neuen Proberaum. In dem es nie eine Probe gibt, oder auch nur Schauspieler. Sondern immer nur Requisiten. immer nur neue Requisiten, bis das Zimmer voll ist. Dann gehen wir in den nächsten Raum. In das nächste Haus. In die nächste Straße. An der nächsten Stadt hat man uns zwar abgewiesen, aber wir kommen wieder. Das wäre ja noch schöner. Hier geht es schließlich um die Allgemeinheit. Und das ist ein Gut!

Ich sehe schon, sie funktionieren einwandfrei. Genau die richtige Menge Strom, und alles in einwandfreien Dosen. Haben wir uns eingemacht, nein, feingemacht. Die echte homöopathische Verzweiflung ist aber nicht gespielt. Die findet ihren Ausruck im leichten Heben der linken oberen Wimpernpartie. Sie sind gezupft? Na dann. Pech gehabt. Und das klebt nicht schlecht, müssen sie wissen.

Sonntag, April 15, 2007

308

Kotz Dich raus

Hundstage. Müsste jemanden beim Wipfel packen. Sternschopf. Die Bäume tragen ihren schon wieder kopfhoch. Ich bin Bienensummer, aber gar nichts gegen einen Baum. Waren Sie schon mal im Park, neben einem jüngeren Baum in voller Blüte und frischem Saft? Der summt. Gut, nicht jeder von denen lässt sich gern dabei beobachten. Manche summen leise und heimlich, aber nicht weniger vergnügt. Andere haben ihre Rindenhaut, die nichts auslässt. Wieder andere aber sind so stolz und unbekümmert, die summen wie ihnen der Sinn und die Äste stehen. Man wollte fast kein Holz mehr in die Hand nehmen, und Tisch und Stuhl, und Schrank und Zettelkasten. Und Klavier.

Wer jemals die eine und die andere Hand an der Wiege gehabt, und weiß wer überhaupt noch, was eine Wiege so ist? Bringt das fehlende Schaukeln unsere Hirne soweit durcheinander, dass sie nachts an der Innenseite des Schädels festkleben, und dann morgens nur durch einen Filmriss gelöst werden können? Und Blut? Wir sind die andere Seite noch lange nicht genug abgefahren, um da wenigstens auf halbem Weg eine Erscheinung zu haben. Und Licht ist auch Kandela, irgendwie, also Kandelaber. So ein Geschwätz. Lauter Lichter, lauter Leuchtbuchstaben, die einem nachts aus dem Maul hüpfen. Mund zu! Andere Leute wollen schlafen! Da tanzen mir die ganzen Gedanken aus dem Kopf und kommen raus wie nichts. Als ob gar nichts wäre. Als ob da gar nichts bei wäre. Ja, wozu hat man uns die Filter mitgegeben? Was ist mit der Erziehung? Lasst gefälligst nicht jeden zuschauen, wenn ihr redet! Mann, Mann. Aber schön ist es schon. Obwohl meine Geschichten augenscheinlich nicht so hell sind wie sie sollten. Sind auch schon älter. Und anderst.

(Untergangsstimmung. Die Taucher kennen sowas. Morgens, bevor sie unter die Marmeladenhaut des frühen Meeres kriechen, da haben sie die. Und abends, wenn sie schwer mit Eindrücken beladen wie alte Schildkröten aus dem Wasser zurück an Land kommen, da haben sie diesen Druck, diesen Ausdruck um die Augen, den man nur als entrückt bezeichnen würde, weil man verrückt nicht verwenden wollte. Entrückt. Niemand fragt nach einem Wasserschaden. Als Taucher hat man den so oder so. Und immer das gleiche Lied: Wir nehmen den Kopf nicht über Wasser, bis wir ganz tief unten die tiefblaue Kugel gesehen haben. Und nichts von dem nassen Zeug drum herum kommt in die Ohren, denn wir sind endlich wer.)

Lassen Sie mich es mal so zitieren: in Gedanken begehen, einen Fuß breit vor den anderen setzen, und das auf einem Riff, also da unten sind auch Haie. Will ich nur mal gesagt haben. Riffhaie. Nein, mit Gitarren haben die wenig am Hut. Die kennen nicht einmal eine Zahnbürste, am wenigsten einen Hut. Und mit Steckosen und Verstärkern brauchen Sie denen auch nicht groß zu kommen. Fürchte ich. Aber was ein Bein ist, das wissen sie. Aus Erfahrung.

Herrliche Zeiten. Im Glorienschein, in der Gloriole der neuen Neun-Uhr-Nachrichten, da lässt man sich keine andere Schnecke aus der Nase ziehen, da kennt man seine Pappenheimer, und erst die aus Schaffhausen, die auch.

(Zwischentext: Wir immer vorneweg. Wir immer auf schwankendem Grund, wir immer viel. Wir immer mit der großen Klappe, wir immer mit dem vielen Futter, wir immer mit dem großen Durst, den langen Hörnern, den scharfen Worten. Wir immer mit dem Sonnenuntergang, wir immer mit der traurigen Bilanz, wir immer mit der bleibenden Versuchung. Wir immer mit dem Flüchten, den kleinen Fluchten, den großen Ausfällen, die der Bienenstall gerade noch so zuließ, bevor, ja bevor. Wir immer auf dem halben Weg. Wir immer mit Standbein. Mit der Grube, mit dem Grübchen, dem Grübeln, und dem Gräbeldinger. Wir immer unter Flur. Wir immer mit Blei im Hirn, mit Lot aus Nasen fallend. Wir immer mit dem Kopf. Wir immer klar. Halbgar. Zwischenboden. Man tanzt. Man fällt. Man wähnt sich alt. Man gewöhnt sich an. Wie immer. Wir immer. Immer wir.)

Kaltes klares Wasser. Grünes, trübes Gebräu. Und was wähle ich? Für das erste Mal eine Tasse, bitte. Meine hohlen Hände sind noch ganz rauh vom letztenmal. Ja, der Berg und seine Getränke, das macht einem schon zu schaffen, das muss man gewohnt sein. Da ist nichts mit spät aufstehen und noch später in die Kissen, hier schlafen alle auf Stein. Wie sollen wir sonst den Berg hören und seine Geschichten? Wenn nicht mit dem Ohr auf dem Fels, und den Augen fest zu? Denken Sie, da gibt es Anschlüsse für einen Kopfhörer, oder wie glauben Sie stehen wir im Kontakt? Halten Sie ruhig den Bügel, unter den Kleidern sind wir alle nackt.

Wahlscheiben gibt’s nicht mehr, man hat heute Tastenfeld. Ein Tastenfeld? Ein Minenfeld ist das. Wissen Sie, wen Sie da anrufen, womöglich aus Versehen oder einer Laune heraus, mit einem falschen unschuldig ungewollten Tastendruck, und man ist gleich in der Hölle eines anderen, im tiefsten Kellergewühl seiner Gedanken, und wie da rauskommen, wie kommt man wieder da raus? Am besten man drückt auf die Minen oder die Tasten, bis es knallt. Tasten, bis es knallt. So hat man sich das gedacht in der Entwicklungsabteilung. Frisch auf die Taste gedrückt. Frisch auf den Kopf. Frisch durch die Mitte. Ab durch die Mitte. Und wenig mehr als den Verstand.

(Abkehr: in 80 Sätzen um die Welt. Aber die Volksbühne ist ein einziger Kratzer! Und der Hals ist eng, geschnürt wie ein Armeestiefel, gestopft wie ein alter Weihnachtsganter – mir dräuts! Es wird übel!)

Samstag, April 14, 2007

307

Bei sich, und ganz bunt

Samstag oder die Nasenbären: wie das kuckt! In der oberen Hälfte eines Gesichts befinden sich die ausgehenden Organe, in der unteren Hälfte die eingängigen, oder war es umgekehrt? Oder waren es die Anorgane? Oder war es von der Situation abhängig? Waren es doch die Ameisenbären? Aber haben Ameisen überhaupt Nasen?

Mangelndes Verständnis kann man hier keinem vorwerfen. Eher hinterher schmeißen. Eher den Berg hoch schießen als die Kugel ins Rollen bringen. Mein Denken ist mir immer einen Schritt auf der Tastatur voraus, ich denkschreibe zu schnell für mein beschränktes motorisches System. Ein Lektor würde verzweifeln an mir. Ein Lektor! Na ja. Nun denn. Im wesentlichen liegt die Kunst der Fuge darin, keinen Zement abzubekommen, oder noch besser: keinen Beton. Alles andere kann warten. Alles andere ist Benzin. Flüchtig, und es macht Schatten. Alles weitere wünsche ich hiermit aus dem Weg zu nehmen. Schatten, Schatten, Würgemal. Und ich immer mittendrin. Heute ist kein Tag, um in der Sonne zu baden. Womöglich ohne Hose. Aber mit Schwarte.

Samstag, und Mars und Konsorten sind auf dem Weg, und unterwegs, aber nie auf der ganzen Linie. Die ist unterbrochen, die ist nicht fertiggestellt worden in einem Zug. Die Arbeiter sind verstört, die Kreide ist nass, der Wolf ist gekommen und hat sie sich geholt, was weiß denn ich. Jedenfalls ist eine Störung aufgetreten. Hat groß den Stiefel gemacht, und das mit Hausschuhen, man stelle sich vor! Keine wirklich große Sache, vielleicht 42.

Und weniger die Gleisbauarbeiten haben mich gestört, als das ewige Kreischen der Gründerväter vorne auf der Lokomotive. Ja wo bleiben wir denn, ja wo sollen wir denn hin. Eine Generation weiter als die Dschungelkämpfer des Wahnsinns sind die Nachkommen schon begierig auf neue Erfahrungen, mit den schönen neuen Werten, die der Konsum ihnen in die Ohren stellt. Hören Sie mal die neuen Farben, wie die knistern, ist das nicht schön? Die Wimpern knistern, die Augen knistern, die Haut knistert, überall ist ein großes Knistern. Sogar aus den Bäumen fällt ein Knistern, aus dem Himmel sowieso. Das ist eine Kunst, das haben die Hersteller so gewollt, das ist jetzt Trend. Ja, die großen Marken haben vorgeknistert, dann sind die anderen hinterher, und jetzt, einfach fabelhaft. Dieses Knistern! Hören Sie doch! Na, die Provinz mault wieder oder noch oder verstummt ganz, stark wie immer in der Gewohnheit. Aber das wird schon, wenn unsere Teams da auftauchen, und vorher wird auch im TV geknistert, wir machen eine Kampagne daraus, eine grundsolide Kampagne: Das Knistern Deiner Welt! Ja, das hat etwas, das schönt mir die Bilanz und gut, ich knistere auch, ist ja nichts dabei. Das macht man eben heutzutage. Und für den Rest, da haben wir ganz andere Sachen.

Nur hier und heute: Marmeladenhäute! Leute! Dicke, fette, rote Beute! Echte süße Marmeladenhäute! Es schlotzt!

Mittwoch, April 11, 2007

306

Ein Furz, und man ist drin

Dass sowas von sowas kommt. Bei viel Stress schrumpft das Gehirn. Bei zuviel Stress schrumpft das Gehirn noch mehr. Es könnte mir aus den Ohren herausfallen. Die Zeit verrinnt. Mein Blut gerinnt, gottseidank noch, wenn es heraus will und das auch schafft, wenn es aus dem Körper austritt, gerinnt mein Blut sofort und mein Gehirn schrumpft wieder ein Stück! Du machst mir keine Bange, Du nicht. Du auch nicht. Aber Du, Du, und Du. Das sind zu viele. Viel zu viele für mein schrumpfendes Gehirn. Mein notorisches Kleinhirn zieht sich weiter und weiter in sich selbst zurück, und macht die Tür zu. Mauern können nicht denken. Erinnerungen sind Klebstoff für den Kopf.

Die Kunst hat versagt. Die Kunst hat uns versagt. Die Kunst hat keine Ihrer Körperöffnungen für uns offen gehalten. Die Kunst hält uns für nicht geeignet. Hauptsache Wurm. Hauptsache Kopf. Da schrumpft es jetzt wieder.

Meine Nachbarn stehen im Gang. Das ist eigentlich unmöglich. Aber sie stehen da und zweifeln und hadern, und man hört die Gehirne schrumpfen. Abstumpfen, vielleicht könnte man alles etwas mehr abstumpfen, die ganzen höllisch scharfen Messer und Skalpelle, die ganzen Untergangsgedanken, verpflastern und gut. Oder versilbern, soll ja auch ganz weich sein. Und weich ist gut! Gut für den Kopf!

Du und mein Mondfisch im Auge des Sturms, der sich über dem lautlos Stillen Ozean entfaltet wie eine große schwarze Serviette, aus der viele kleine Blitze herausfallen, mitten in die Suppe. Wer das auslöffelt, muss stark sein.

Soll und Haben, Papier und Schere. Stein. Abschaum, der auf den Wellen wohnt. Drauf und dran, im Tal die Gipfel zu verschleudern. Die helle Flur, ein wildes Tier, schrecklicher weißer Stern, das Leuchten ging mir so durch und durch! Aber da war noch ein anderes Tier, so eine Art Hase, mit verstummtem Ohr, ganz wund. Na ja, heute Ziegenbart, morgen ein Lammbraten. Und Fleisch tropft ab, und Bratensaft die Mundwinkel, und knochentrocken bleibt vor der Tür. Draußen egal, hier drinnen muss die Sau raus. Lass sehen!

(In Sachen Bachmann: wer Ikonen mit Dreck bewirft, darf sich nicht wundern, wenn ihm das Auge juckt.)

Fluoreszierende Kunst ist keine Gemeinheit. Desillusionierende Kunst ist dagegen eine Bedrohung. Da sehen Sie, der Mann hat eine Begleiterscheinung. Die ruft ihm jetzt ein Taxi. Hallo Taxi! Keiner hört. Wer noch Wal hat, hat Öl. Wer noch Öl hat, hat glänzende Lippen. Und wer noch glänzende Lippen hat, dem tut der Bauch weh, von dem vielen Wal. Meine letzter Gedanke da gestern nacht. War billig. Hat kaum was gekostet. Nur mir selber den Blick. Und den Hör. Und den Schmeck. Und was sonst noch alles sinnlos vor sich hin baumelte. Verdraht! Verdraht. Haben Sie so ein kleines Gehirn gesehen? Etwa so groß?

Montag, April 09, 2007

305

Kurz, starr und stier

Ich stehe im schweren Schlagschatten und rieche die Sonne, die nur darauf lauert, auf und über mich herzufallen. Und weshalb auch nicht. Und wieso auch so. Was ist das Ziel, wenn nicht ein Wasserfall aus feinem Sand, der einen an einen stürzenden Bergbach im milden Frühlingslicht erinnert. Stehender Adler und stechender Fuß sind der gleichen Meinung. Nein, sie sind derselben. Weil feine Unterschiede etwas ausmachen. (Klick).

Meinem Knie geht es gut. (Es denkt an Dich. Klick).

Hundertmal habe ich es ihnen gesagt. Hundertmal haben alle daran vorbeigehört. Es ist ein Kreuz. Es ist eine Waffe. Es kommt eine andere Zeit als die hier. Die ist schon viel zu lange. Kosmeten. Kometen. Lassen Sie sich die Sterne neu lackieren und ein wenig mit Glitzer drauf.

An meinen Körper lasse ich nur mich und die anderen. Werk 1: eine einfache Frage - was ist ein Laut? Werk 2: eine von vielen Antworten. Haben Sie das Prinzip verstanden?

Der eilige Franz und die Marie. Kalium. Permanent. Mangan. Kaliumpergament-Granaten. Eine Explosion der Bilder. Eine wild wuchernde Implosion der Zeilen. Und zwischen den Zeilen, die Glut. Küchengeister!

Um halb sieben wird gegessen. Du bist komisch. Warum sagst Du immer, was ich machen soll? Kochen. Küchen. Keuchen. In der großen Keuche liegt ein toter Fisch auf dem frisch gekachelten Boden und ist am zerfließen. Er singt ein Lied. Keimzeit. In Gedanken treiben sie sich aus bis das Grüne kommt. Ein Blatt auf der sicheren Seite, in die Sonne gerollt atmen sie sich gegenseitig das Leben ein. Hauch mich, mach mich. Zart. Wir fürchten uns vor dem Wasser, das wiederkommt, das den Strand auffrisst, unsere Zeit will es haben. Wasserkur. Hungertod.

Fastenerlebnis: Ich habe einen hoch brennenden Baum gesehen, aber es war eine schwarze Flamme, es war dunkles Licht. Im Eismeer gehen die Schiffe nicht unter, sie frieren auf halbem Weg ein. Und dann – überall Masten!

Der Kern eines gebogenen Fisches muss eine Walnuss sein.

Herzlichen Glückwunsch. Sie haben das große Gnu gewonnen. Aber Vorsicht mit den Hörnern. Die sind gebogen wie nichts, und kommen mit den Spitzen bis zum Rand. Wer weiß, wohin noch.

Wer eine Taschenlampe benutzt, braucht sich nicht über neue Wege zu wundern. Das wächst einem doch zu!

Rasen mähen, und lecker Schnittchen machen. Aber der Motor war laut, und die Messer kreisten singend um die große Esche. Sägezahnzeichen. Säbelfußkatzen. Ungewaschene Füße. Aufruf zu einer Flusswanderung: kommt waten! Aber gleich. Nachher will es einer gewesen sein.

Sonntag, April 08, 2007

304

Ostern, und kein Schal im Gesicht

Heutzutage lassen die Leute das Licht gleich an, damit es nicht zurück in der Leitung fällt und nach hinten in das Lichtwerk, und die Leute müssen zahlen wegen den Schafen, nein wegen dem Schaden. Und wegen den Schafen auch.

Schwarzweiß klappert die Kuh Elsa den Berg herab. Monoton. Monochrom. Und der Vater hat den Mund offen, weil er vergessen hat, ihn zuzumachen. Endlich dann, abends um halb acht, kommen die ganzen Leute in die taghell beleuchtete Stube. Sie schreien. Sie singen. Sie tanzen. Und alles nur, weil der Vater außerdem vergessen hat, die Aussenbeleuchtung auszuschalten. Ja, der Vater wird eben immer vergesslicher. Wenn wir alles wieder aufgeräumt, saubergemacht und zusammengenagelt haben, gehen wir mit ihm in die Stadt. Dann lässen wir ihn schätzen, den Vater, und von seinem Materialwert kaufen wir uns den Traktor. Den schieben wir nach Haus und stellen ihn auf die Wies. Da kann er hupen und blinken und die Leute kommen und tanzen und singen und haben ihre Freud. Und wir endlich unsere Ruh.

Unerreicht. Unerhört. In manchen meiner erstklassigen Unentschieden ist dann doch noch ein Tor gefallen. Das Tor des Gegners, oder meines, meistens meines. Es ist umgefallen, einfach so, es hat den Mut abgegeben, der Mut hat es verlassen, wie man will, es hat sich hingelegt. Einfach so. Mit dem Netz daran und dem Querbalken oben drüber. Mit der ganzen Wut, schon wieder ein Unentschieden kassiert zu haben. Geht es noch? Nein, es ging nicht mehr. Und es wollte auch nicht mehr. Ist schließlich das gute Recht jedes Tors, einfach mal umzufallen. Und Sie? Was machen Sie? Was treibt Sie so durch den Raum, mit dieser Raketenflamme am Hintern, als hätten sie gleich ganz schnell ganz viel zu tun? Und alles stinkt nach Terpentin? Ja. Alles stinkt nach Terpentin. Sie wollen uns von der Farbe trennen. Wir hätten schon zuviel gehabt. Hornochsen! Schwarzmaler!

Kam ein kleines Kind zum Dom und wollte hinein. Aber die Tore waren so schwer und das Eisen so hart. Kam da das nächste Kind, zum anderen Kind. Kamen immer mehr Kinder. Sahen alle hoch zum Dom. Sahen alle zu den Toren. Aber die Toren waren weiter so schwer und so hart, oder sie saßen in den hell erleuchteten Küchen und fraßen sich dicke Ringe um das Herz, einen nach dem anderen. Die Kinder legten sich auf Grund, eines nach dem anderen. Dann starben sie, eines nach dem anderen. Und niemand hat niemals etwas gehört oder gesehen. Der Dom ist immer noch ein hartes Haus. In seinen Küchen brennt das Licht. Glüht der Herd. Lassen die gierigen Hände nicht ab von den fetten Braten.

Freitag, April 06, 2007

303

Arbeit für ein Ei

Nehmen wir einen Stein. Umwickeln wir den Stein mit Draht. Hängen wir den mit Draht umwickelten Stein an einen anderen Draht, an einen Nagel, an einen Balken. Stellen wir den Balken so auf den Boden, dass es nichts mehr daran zu rütteln gibt.

Hunderttausend willfährige Messdiener. Und ein einziges rotleuchtendes Plakat. Und ein einziges Paket, voller Menschenknochen: Das Fleisch haben wir gegessen, flüstert der Chor der Diener des Herrn. Das Fleisch haben wir gewürzt und gebraten und gekocht und gegessen. Nichts ist davon übrig. Nur seine Gedanken sind jetzt ganz in uns aufgegangen. Wir sind erleuchtet von seinem Wort. Wir sind beseelt. Wir werden uns auf die Suche nach dem nächsten Erlöser machen, und auch ihn entleiben, sein Fleisch nehmen, würzen und braten und kochen und essen. Wir sind die Erleuchteten. Wir haben gute Zähne.

Das Paradies ist eine erste Antwort auf die Frage, was kommt eigentlich danach. Die zweite heißt Hölle. Die dritte nennt sich Tiefer Schlaf. Und dann wären da noch das blaue Schaf, eine größere Anzahl roter, blauer und unsichtbarer Riesen oder Zwerge, zwei Baumhäuser in Arizona, und so etwas wie ein Urmeer aus glibberigem Schleim, in das wir alle als Pantoffeltierchen reinkarnieren. Auch nicht schlecht. Kommt allerdings auf die Farbe des Schleims an. Also ich möchte nicht tagtäglich in einer lila Schleimbrühe unterwegs sein. Naja, vielleicht gibt´s da ja Sonnenbrillen. Wenn nicht, machen wir eben welche. Wird sich schon was finden. Im Ursuppen-Fundus.

Zwischenboden: Wir waren alle auf der einen dem Tal zugewandten Seite des Flusses, als auf der anderen Seite ein Prophet auf einem brennenden Maultier erschien. Er schrie und rief, und wir wussten, es könnte, es würde wichtig sein. Aber der Fluss war zu laut, und wir waren zu müde, und das Gras auf unserer Seite war zu saftig und zu weich. Wir legten uns nieder und schliefen auf der Stelle ein. Als wir wieder erwachten, war der Prophet verschwunden. Nur an der Stelle, wo sein brennendes Maultier gestanden hatte, lag eine Menge Asche. Ein großer Haufen schwarz verkohlter Asche. Wie ein kleines Häufchen Elend, nur eben anders. Die Glorie eines langsam abbrennenden und dann zerfallenden Maultiers. Jeder von uns bekam ein Stück Kohle und etwas von der Asche, um damit seinen innigsten Herzenswunsch an eine geheime Tür in seinem Haus zu schreiben. Leider waren wir alle wohnungs- und häuserlos, seit der großen Flut vor drei Tagen. Also malten wir uns die Zähne schwarz und machten, dass wir wieder wegkamen von dieser Seite des Flusses. Den unseligen Propheten hat keiner mehr gesehen. Niemals.

Mittwoch, April 04, 2007

302

Drei Haufen Weise

Ab und zu fühle ich mich unwohl in meiner Haut. Mein Erste-Welt-Hautladen hat allerdings inzwischen leider zugemacht. Mangelhafte psychohygienische Verhältnisse. Das Personal soll sich dreckige Witze erzählt haben. Kann ja nicht gutgehen, sowas. Der Geschäftsführer ein Kieler, die erste und zweite Verkäuferin aus Frankfurt. Fehlte nur noch der Schneider aus Ulm. Aber die Zuschneide- und Nähabteilung waren outgesourced. Wer hat eigentlich Maß genommen? Naja. Jedenfalls ist das lange her. Jetzt muss eben die Haut halten, die man gerade trägt. Und der Markt ist auch nicht mehr das, was er mal war. Unlautere Machenschaften. Alles flüstert nur noch. Und das auf einem Markt. Ich bitte Ihnen! Ich danke Sie.


Wieso hatte keiner einen anderen Weg genommen als den, den der Einbeinige vorher eingetragen hatte? Weil es bequemer war? Seit Stunden humpeln wir durch die Gegend. Seit Tagen finden wir immer wieder nur einen vereinzelten Schuh. Hier war offenbar ein Einbeinigen-Treffen. Lassen Sie es mich mal so erklären: Nein. Ich denke nicht an eine Operation. Auch nicht aus Solidarität. Ich mache mir nichts aus vielen Vögeln, und am allerwenigsten aus Flamingos. Wie schmeckt eigentlich ein schwarzer Flamingo? Oder ein blauer? Habe ich mal gesehen. Im Hafenviertel von Rio de Jamiro. Hundetreter. Alle Südstaatler sind Hundetreter. Wir Nordler dagegen sind Hundhaufentreter.


Unangemeldete Gedanken klingeln nicht. Die fallen mit der Tür ins Haus. Und dann sind sie da. Und begleichen alte Rechnungen. Natürlich hat dann wieder niemand etwas Kleingeld übrig. Scheine haben wir sowieso schon lange nicht mehr gesehen. Heute hier, morgen dort. Rostige Eisenstangen ersetzen das Erfolgserlebnis. Rostige Eisenstangen machen ein schönes Muster. Als Schattenriss durch das Gehirn. Einschädeln und dann das rote Restmetall abkratzen. Schon hat man wieder Material. Wir machen uns keine großen Hoffnungen mehr hier. Und kommen langsam zu Potte. Wer wissen will, wie das geht, erscheint morgen früh in der Halle am Fischmarkt. Plastikkleidung und Nasenklammern nicht vergessen. Freundchen. Wir sind eins, wir beide, der Fisch und ich. Er ist früher stolz durch die Meerenge von Gibraltar gezogen, und ich habe mir fast ebenso stolz den Dreck aus der Nase geholt. Das musst Du erstmal nachmachen, Söhnchen! Also fangen wir an. Auf nach Gibraltar!

Samstag, März 31, 2007

301

Tonspur beim Betrachten eines deutschen Films

Ein Hauch Erinnerung, das muss Mundwasser sein. Das muss mundwassern, den Mund wundwässrig machen, eine offene Unterlippe, Oberkante, unterschwellig haben wir es hier mit einem Verbot zu tun. Oberflächig haben wir keine Diktatur. Vielleicht eine Karikatur. So etwas wie ein Flittchen. Eine eher flache Angelegenheit. Etwa wie ein Hund, ein Leben. Wundere mich nur, wie die das hinbekommen haben. Fühle mich matt und erschlagen. Bin glücklich. Bin unglücklich. War heute beim Bäcker und in der Stadt. Hatte viel zu tun. Brachte mich um.

Aber das ist wohl Wunschdenken. Ich wunschdenke. Ich bestehe auf meiner Art, mir das Leben inwändig zu verschönern. Mein Kopf ist kein Klassenzimmer. Mein Kopf ist kein Krankenzimmer. Hängen Sie gefälligst diese Kreuze ab. Und nein, ich glaube nicht, ich glaube nicht mehr daran, dass mich der liebe Gott bestraft, wenn ich unartig bin. Oder doch – ich will ja artig sein. Dass es eine ART ist! Ein Unterschied wie Tag und Nacht. In meinem KrankenKopfzimmer. Auf dem Scheitelpunkt meiner Karriere fing ich an, die Läuse zu zählen. Was für eine Dummheit!

Geröll. In meinem Zimmer war Geröll. Und die einzige Frage, die ich mir noch zu stellen wagte, wie kommt das Geröll in mein Zimmer? Also nochmal. Also hinfällig: Stand auf. Trank Kaffee. Las Zeitung. Machte Brei. Zog mich an. Zog die Tür. Ging die Treppe. Fuhr Auto. Machte Brei. Rannte Weg. Stach Polizist. Zog eine Tür. Schlief ein. Bin weg. Bin jetzt weit weg. Lange Zeit. Fremde Zeit. Zelt ohne Ausgang. Leinenzug. Strickschmerz. Die Jacke meiner Schwester. Der Anzug meines Neffen. Zwang. Zwang. Habe nichts mehr zu besorgen. Alles ohne Sorgen. Habe ausgesorgt. Letzter Fleck. Unwiderruflich. Unwiederbringlich. Aus Weiden ein Korb. Vom Hals den Kopf. Von den Lippen der Schrei. Und das Volk hat sein Vergnügen. Und der Henker seinen Spaß.

Haben Sie das gewusst? Eine freie Entscheidung ist im Rahmen der kognitiven Beschränktheit des sogenannten Individuums nicht möglich. Eine freie Entscheidung ist nicht möglich! Dann lassen wir es doch mit freien Entscheidungen der Individuen! Dann lassen wir es doch mit dem Gehen! Und dem Sein! Gut gings! Zum Wohlsein! Diese Freiheit war mir von Anfang an ein Pfahl im Auge. Von Anfang an. Windfang. Schnapszahl. Damit hat alles angefangen. Damit ist jetzt Schluss!

(Vorspiel: Massen unentschlossener Käufer tragen leere Tüten durch die Ausgänge der Kaufhäuser hinaus auf die Straße, wo sie alle ihre Nichteinkäufe ablegen, und ihre Kleider, und ihre Gedanken an das Ding, und sich nur noch auf sich selbst besinnen. Dann teilen sie sich mit, mit den Anderen. Verteilen sich großzügig über den Platz, der eigentlich auch ein Ding ist, aber jetzt. Ich staune, was hochgradig unvorsichtig ist. Obwohl. Hinter mir gibt es so viele Augen, da wäre Vorsicht ganz unangebracht. Augenblick. Kerzenflamme. Zündschnur. Wir sind die Roboter. Alle in den Topf. Alle aus dem Sinn. Kabel Deutschland. Verzichten wir auf nähere Erklärungen. Das macht doch keinen Sinn.


Betragen & Betrügen 2009

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