Sonntag, Dezember 31, 2006

223

sozialkitsch 37 (stay there)

wird auch zeitmensch
wird auch zeitmensch
wird auch zeit mensch, menschmaschine, rasenmäher, zahlendreher
ganz und gar, durch und durch, hundert grad
wir heizen die vitrinen bis die lorbeerkränze kochen
meister, meister, wir wollten wie die meisten sein
gerade noch gerade noch, und gleich wieder krumm, eingebogen auf die weisse linie
die zeigt sich jetzt schon nackt, die gier
also nähen sich die armen schnell ein beinkleid
das andere vielleicht, nächstes jahr vielleicht
wenn das x endgeil den anfang macht, feinschnitt für grobschlächter!
falsches wort, große zeit, altenthümer, nein diese schweizer
aber seit albert ist schon so viel geist den aether rauf
was uns bleibt sind die geölten leistungsträger
flickschustern sich den frack für baal, küssen warmes kalbsgedärm
scheisstypen, frisch aus dem quartett gekramt
zwölfzylinder, schwarz und dunkelbraun
ofen aus, hat jemand rosenholz bestellt?

222

in, wie, fern

und es ging eine frage durch das land
dass wenn man ein gestrüpp an den strick binden
und an den galgen hängen würde, ob dann das gestrüpp
nicht auch die äste schütteln und
lauthals rufen, dass es ein irrtum und
doch ein präsident sei, der einzig wahre,
und bittere blicke lassen würde
bis zum bösen fall

221

vollmund bei brockenkotz

man ist bei tisch
mann isst bei tisch
mit füße darunter
verrückt
blick in den teller
versenkt
wie der löffel
der sich zäh
aus der brühe hebt
als würde er mir
an den eingeweiden
kleben

Samstag, Dezember 30, 2006

220

ab und dann, jetzt

am tor ein tor, nein ich
ich tor an tür, mit ihr
und über kreuz mit mutterwahn
wir haben vielleicht die wende, aber wir denken zu schwer
fragen wir den wind, fragen wir die stolpernden räder
oder das schiff, am flachwassern, unlängst in tiefen
versunken die hand in der stirn
im meer aus linealen falten
wir machen weiter, sagt der professeur
hoch im hufeland, die hufe hoch im alten wald
verkommen wir immer nur auf diese weise
kann nur soweit wie die ketten halten, ankern wo andere sich winden
und nach und nach, und nach, nach, und nach und nach
diebisches gelächter nimmt mir die wenigen perlen aus der krone
aber auch so, ach so, aber auch so, und auch die können nur wasser adern
blauer mond, blauer mund, blaue glut
ich wünschte mir ein zweites gesicht!

Freitag, Dezember 29, 2006

219

auf gut glück, und anderswo

verflochten nach art des hauses
nummer 15, die viertelstunde ruhm, obwohl
ich bin eher wal als ross, nicht dauphin oder delphin,
von fieberfrucht geleitet, von unstetem verstand, von behäbigkeit auf die nächste ebene gewälzt
ich trage fünf lederlange reime mit mir, kein achtel gefühl
kaum zu hause fällt es mir den schrein entlang wie juwelen
wie reliquien, wie religion, wie feurige beile in den himmel geworfen
wie viele, wie viele andere, wie viele noch, ich bin zu wenig
ich bin zu wenig auf einer spur, zu oft daneben, ich muss mich entgleisen
weiter hinten stehen und liegen und lügen sie
inzwischen dazwischen mahlen die kiefer der zeit so bedächtig
als ob zweifel ein privileg schwerer begüterung sei
ich fühle ein ziehen, verziehen, verzeihen
verzieren sie ihren lebensweg mit einem brückenschlag!
nein, nicht wieder mir ins gesicht, verdicktes glück läuft mir hautnah
mein geschwür, nein, mein gespür, an wen lächelst du?
wen umarmst du, wenn du so denkst, wen streichelt dein gedanke?
momentane verwitterung, ein schreivogel schreitet vorüber
brütet mir nichts aus, euer gnaden, das leben, es ist ein gedicht!

Donnerstag, Dezember 28, 2006

218

ballannahme ohne blitzen

weihnachten in bochum
ein großer wagen fliegt vorbei
sie haben bessere spiegel da
aber kälteres wasser
und der boden braucht ewig, bis er wärmt
wir werden langsam weich
dunkel hier
dunkel um vier und um fünf glänzt
reifer sand und alte kohle, verschiedene waren
bis dreißig prozent gesenkt
noch ein viertel vom wein?
(daheim gären die reste vom jahr)

217

weißendes gegräu

die jungen
haben das fliegen gelernt
die alten das rascheln
unter den wiesen verläuft sich
das murmeln und der himmel
zieht seine decke
über den
kopf

Montag, Dezember 18, 2006

216

schneeblöckchen grau söckchen

da da da da
das das das das
dass dass dass dass
dass das da
nein, dass da das
nein, da das dass

(weihnacht ist wieder schweres essen)

Freitag, Dezember 15, 2006

215

ihr mund ist ein einziges gedicht

befreien sie mich endlich von der nützlichkeit
if anyone would imagine sadness as an old cow chewing
someone could remember closeness as a box full of velvet-coated needles
die farbe rot hat einen sehr eindringlichen überzug
aber hinter den spiegeln wächst bereits wieder das gerücht
es geht um die eine spinne die ihr netz auf seidene gräser webt
um die eine stimme die ihr garn in alle winde hebt
heute ist es gut, es kommen nur noch gute nachrichten unter die leute
trotzdem versuchen die geister der ebene jeden morgen eine andere hülle
und jeder abend wirft die dünnhäutigen flügel der seen in ein anderes licht
ich stehe auf, ich laufe durch die räume, mein atem wird laut
niemand will sich an die bunte tür erinnern
befreien sie mich endlich von der nützlichkeit

Sonntag, Dezember 10, 2006

214

luft geatmet wo nur wasser sein soll

frisch von der leibesentnahme:
wie denn, wieder alles voller frucht
ein nest ohne hase, eine beziehungswaise
kopf schultern, hals tuchen und dann sprung
ab sturz kommen sie ganz alleine zum flug
und von wegen trauma, träuma, träumata
ach haben sie sich nicht so
immerzu die nackte konsequenz
schämen sie sich nicht
dafür sind wir heute in heimischer mission
tempelhof, sie verstehen, rum oder warum
und wir summern alle ein lied
nur das mädchen neben mir
singt vom loch in ihrem herz
aus dem die liebe davonläuft
wie ein gelbes wachs
und ich weiß nicht mehr
was mir den ganzen tag
bis an den hals steht
(aber meine wünsche kerzen schon)

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