Donnerstag, Januar 18, 2018

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Das Schaf und sein Fest

Am Rande der täglichen Erscheinung ist neuerdings  ein Loch zu sehen. Ein großes Loch, nicht zu tief, aber breit. Drinnen im Loch steht ein Stuhl, auf dem niemand sitzt. Bis jetzt hat sich auch niemand gefunden, der diesen Platz einnehmen wollte. Wie bei allen Erscheinungen ist es da unten nämlich ziemlich unheimlich, also unziemlich. Der Örtliche Gebrauchsheilige hat bereits sein Veto eingelegt und den üblichen Bann verhängt, mit Kunstbrokat, dem einfachen Stuhlfluch, und Würgereflex. Niemand will dieses Risiko eingehen. Aber kucken wollen Sie doch, die Einwohner des Dorfes zur Täglichen Randerscheinung. Tourist not welcome. Obwohl man da vielleicht einen von denen hineinwerfen könnte, also probeweise. Und dann wieder mit Leitern herausholen, oder auch nicht. Wirft man dem beseelt Bestuhlten ab und zu eine Wurst hinunter, reicht das vielleicht, denkt sich mancher Kirchenfreund, und im Gegenzug gibts dann eine Vision, eine schöne fettige. Ein guter Tausch, und der örtliche Geldverleiher wird schon ganz nervös. Die Rendite landet nicht in seinem Eimer, sondern kommt aus dem Loch in die Hirne der gewöhnlichen Dörfler. Dabei sollte da nichts anderes drin sein als Gier und Geiz, letzteres in kleineren Portionen. Also schleichen sich der Banker und sein buckelnder Gehilfe des Nachts gelegentlich an den Rand des Schwarzen Lochs, um nachzusehen, ob sich nicht doch ein unglücklicher Reisender darin befindet, wurstzipfelkauend. Aber das Loch bleibt still und stumm, inzwischen ist auch der Stuhl verschwunden. Vermutlich die vom Nachbardorf, denken sich die Dörfler. Während der Kneipenwirt seinen lange vermissten Vierbeiner zurück in den Garten stellt. Besoffkis, blöde.

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