Zählt nicht meine Zehen
Der Mann auf dem Sitz neben mir hat das gleiche Hemd. Er hat das gleiche Hemd an wie ich. Ob er auch die gleichen Gedanken anhat wie ich? Ob er eine Frau hat wie ich, eine die ihm immer die Hemden kauft? Ob er die gleiche Frau hat wie ich, wird einem immer die gleiche Frau zugeteilt, mit leichten Veränderungen im Design? Er hat das gleiche Hemd wie ich, sein Gesicht ist aber anders, und der Koffer, nein die Tasche, die Mappe, die ist ebenfalls anders. Sonst ist einiges gleich, so wie uniform, eine Gleichung. Ein Gleichnis. Oder bin nur ich gleich, sind nur wir beide gleich, verlorene Brüder, oder sind alle gleich oder mindestens ähnlich, die wir hier morgens an dieser Ampel in diesen Wagen und Bussen sitzen? Mindestens vergleichbare, am Hemd erkennbare? Wo wir alle ohne gleichen sein wollen, unvergleichlich wollen wir sein, Individuale, keine Multiplen Austauschwesen, jeder ein besserer, jeder auf seinem Gebiet, wenigstens auf seinem Gebiet, ja auf meinem Gebiet, da bin ich unwidersprochen der Beste, da kann mir keiner so leicht das Wasser reichen, keiner, ich bin speziell, ich bin Spezialist, Sonderspezialist! Und dann kommt dieses Hemd. Das Hemd neben mir bewegt sich nicht. Unser Bus bewegt sich nicht. Der Fahrer fährt nicht. Der Fahrer trägt auch ein Hemd. Vielleicht trägt sogar der Fahrer das gleiche Hemd. Vielleicht denken wir jetzt alle hier, oder überall, in der Stadt, auf dem Land, auf der Welt, im gleichen Moment denken wir alle das gleiche, ein kollektiver Gedanke, ein kollektives Aufbegehren, wir sind ja alle gleich, warum hat uns niemand etwas gesagt, was ist nur geschehen? Ja. Was ist eigentlich geschehen.
Dasselbe ist es übrigens nicht. Weil jeder ist sich selbst. (Der Nächste!)
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