Mittwoch, September 27, 2006

168

in friedrichshain tanzt mäusekopf

so ist es immer
abendmund hat pink im rund
erst singen sie ihr lied
dann fangen sie an zu stinken
der code heißt spaß
sprechblasen salzloser gehirne
aufgestelzt durch den kunterbunt taumelnde
im zuckerschock der eigenen wünsche
lifestyle geblendet
(man trägt jetzt wieder zyklop)
irgendwann wird abgewischt, sauber abgewischt
irgendwann
kein kind von traurigkeit, bloß nicht
(halt den schnabel, heule)

Dienstag, September 26, 2006

167

kleiner tagtraum des großen vorstandsvorsitzenden

ja mein gott, stimmt. es ist richtig. wir sind dabei, wir machen mit. wir bauen die brücken nach drüben. also ins jenseits, das nach dem tod, sie wissen schon. jetzt sehen sie mich nicht so entsetzt an. das ist sache des kapitals, das kann nicht jeder. die kirchen? auf keinen fall. vom prinzip her gut organisiert, aber viel zu wenig autorität. und glauben sie ja nicht, dass das einfach war. von wegen, da wartet ein paradies auf der anderen seite. da liegt nichts rum auf der straße wie hier.

ob ich die da oben? na klar. himmeln auch nur mit wasser, die da oben. und jetzt brauchen sie uns. ja uns, natürlich. von wegen kamel und nadelöhr, zum lachen sowas. wir sind die reichen, das kommt von reich, verstehen sie. das gehört zusammen. wir sind elite, die brauchten unseren sachverstand. völlig in die jahre gekommen der laden. naja wir bringen schon schwung rein. lohnt ja auch, so ein stück ewigkeit. ist was für spezialisten.

beweisen wir täglich hier, also hier unten, noch. na klar, wir schaffen werte. ist nicht einfach sowas, bei gott nicht. nur wer ein auge zudrückt oder zwei, kommt durch die mauern des erfolgs. na klar, werden die armen wieder jammern. hilft nichts. wer kapital hat, hat die zukunft. war schon immer so. außerdem - wir brauchen raum und zeit. zum arbeiten und auch sonst. geschäft muss laufen, das ist die regel, die unternehmerische freiheit. kommt nicht von ungefähr. muss es halt opfer geben. können die weniger bemittelten ihren beitrag leisten. sind der boden, auf dem unser erfolg ruht, sozusagen. war aber schon immer so, wie gesagt. klar sind wir wichtig. ich meine, wir kapital- und werteschaffer sind schließlich was besonderes. die krone der schöpfung, wertmenschen. ja doch, mehrwertmenschen. muss man schon auch sagen dürfen. zugegeben, das sind nur brücken. aber brücken nach drüben, etwas noch nie dagewesenes. und es ist ein anfang. da kommt noch mehr. ganz sicher.

wir hätten auch nein sagen können. oder gar nichts. alles wäre geblieben wie bisher. aber das geht nicht. kann nicht sein, dass die besten schweigen in so einer lage. wir haben verantwortung, ja, auch für das ganze. sind da, wenn man uns braucht. so viel zum thema selbstsucht. nein, man hat uns gefragt. von oben kam das. also von ganz oben. und wer würde da nicht. ich meine, von ganz oben, das ist schon was, so eine anerkennung ist das. weiß man wieder, für was man die ganze jahre früh auf und spät zurück. und nie über die stränge, wirklich. vielleicht ein mal oder zwei, nein drei, dann eben vier mal. aber das letzte war ein unfall. sowas wie eine göttliche versehung. meine frau? weiß nichts davon. würde ihr nur schlechte laune machen und mir die konten leer. da ist schweigen wirklich gold. diesmal.

Sonntag, September 24, 2006

166

in stiller rührung schweigt die zeit

ja so n goldköpfchen wie du
mit brille kann schon staat machen
aber der kopf muss halt auch dazu
ich fliege manchmal nachts über der stadt und
wenn ich aufwache riech ich nach benzin
das liegt dir im blut dein vater war
flügelmann in seiner kneipe
immer was unter die arme geklemmt
tresen knüppel oder irgendein weib
ein bild von einem mann nur das mensch sein hat er
manchmal vergessen aber das kommt vor
hat überall seine marke abgelassen der alte
und du stehst rum und
riechst nachts benzin

Samstag, September 23, 2006

165

brief aus kalter lohe

und du? bist doch auch nur kleines licht, und beim ersten schatten rennst du weg wie alle anderen. kleines gelbes licht, flackerst im fenster und wartest auf den wind oder die gardine. ja, dein brennendes verlangen. die heiße wut im ganzen haus zu verbreiten, das wär was! reicht aber nur bis zur bettkante, deine glut, dann gibt´s schon wieder kalte füße. aber offiziell nichts anbrennen lassen. schon mal schwarz geärgert? ach so. scheine gekriegt, löschpapier. und dann ist wieder alles schall und rauch und was weiß ich. asche auf mein haupt, das regnet mir heut wieder die radieschen grau. deine maus.

Freitag, September 22, 2006

164

will nur ententasse schnäbeln

du fickst mein knie und mir geht’s gut
du fickst mein knie und mir geht’s gut
du fickst mein knie und mir geht´s gut
dabei hat bloß mein knie
dabei hat bloß mein knie nachher die weiche rote stelle
dabei hat bloß mein knie nach her die wei che ro te stel le
und unser speichel sammelt sich
und unser speichel sammelt sich
wir lecken ihn von unserer brust
wir schlecken ihn aus unserem mund
ich schlürfe dich und du schlürfst mich
und reibst mein knie und reibst mein knie
an sei ner wei chen ro ten stel le
du fickst mein knie und mir geht’s gut
du fickst mein knie und mir geht’s gut
du fickst mein knie und mir geht’s gut

(so much content)

Samstag, September 16, 2006

163

schwer atmendes schwarz

vier uhr einund
dreißig und die
stadt schmiegt sich
weiter eng an ihre
dunklen gestalten
klanglos brennt die
minute durch den
scheiterhaufen der zeit
vor den staunenden augen
der verwaisten kinder
meiner früheren gedanken
taubes schweigen am
feuchten wasserglas
einsamer wunsch
will mir den
zweigesichtigen winter
vor die tür und
in meinen
kopf

Sonntag, September 10, 2006

162

ein sonntag ganz entschieden grün

kaum sind mir die augen wie verrückt aus dem
gesicht gesprungen
kommen schon die wilderer aus dem
kopfgestrüpp
lauthals zähne reibend und wülste
klopfend
wir wollen fett! ins mark!
und fleisch! ins hirn!
auch gut. scheisst das hirn eben wieder
fadenwürmer
und beisst die hand die es füttert
ein freund von mir schmiert sich immer
eigenen saft in seine
nase
der ist ständig von sich high
und ich könnte auch mehr aus mir
machen
bloß ist mein lächeln für die muse
nicht irgendwelchen irren herrn
sanft
beugt sich mein kanu die welln

Donnerstag, September 07, 2006

161

entferno mit niederkunft

so gern aus freien stücken
ein allgemeines guten soll müssen sein
ich könnterte doch vielleicht ob
aber ich wöllte ja nur, und wieder
ich mächterte nur beflissenschaften
ich brächte die welt um und verstand
ich ließte die löchers bewanden
ich knöterte täschrige täschrige
ich leiberte schnurlings geraden
ich bliebs in stiller verweisung
ich flüsterte mich um das geglaube
ich ging dann mal um meine wegschale zu suchen
am ende wieder schicksal prächtige verleuterung

Mittwoch, September 06, 2006

160

nachtgebet der kinder vom hof

die fabriken sind gut
sie wärmen unsere körper
und füttern unsere brut
sie geben unseren gedanken farbe
die farbe des metalls
die farbe der maschinen
die farbe der chemie

die fabriken sind gut
sie produzieren stolz
und generieren neue werte
sie schenken menschen wieder sinn
sie führen das gelobte land
sie leiten das geliebte land
sie korrigieren uns den weg

die fabriken sind gut
macht den fabriken
alle macht den fabriken
lang leben die fabriken
lang laufen die bänder
ewig singen die fabriken
wir sind tief in ihrer schuld

159

mein eisenfisch
rostrotes haar
blättriges gedächtnis
maul auf maul zu
mal quietschen die verflossenen
mal quietschen sie nicht
(3 mal täglich tinten)

158

polieren
politieren
und immer
den mund offen
und die taschen
polieren
politisieren
zeigefingern
schuldwunden
und immer
den mund offen
und die taschen
so tun als ob
so tun als wie
so tun als wenn
als wenn nichts wäre
ohne sie

Dienstag, September 05, 2006

157

ach niederträchtig
ungemein ist ja jetztlich
wieder so gut verkommen
aber nah an der quelle
würde ich dem krug auch nicht entsagen wollen
und was treibt uns
wenn nicht die leerzeichen überall
verwünschte befremdung
grob gelenktes funktionieren
grassierendes verächtnis
heilig glühen mir nägel die hand
mein kehlschatten fürchtet
die helle begeisterung
saugt vielleicht nur gewohnheit
diese milchige erkenntnis
die mir jetzt den mantel
aus der tür hängt
frappierend nähert sich
ein idealer grund

Montag, September 04, 2006

156

alle menschen werden brüder
(die schwestern üben noch)
feinfühlen wie sich ihr augenlid aufrichtet
menschenhaar schmilzt nicht im mund
nur in der sonne, da wird man bleich
mit muttern ist nichts mehr (zu alt sagt der geneter)
mein beitrag zur wegwerfgesellschaft
frei und willig den deckel in die hand
(das schlag ich dir jetzt aus dem kopf)

155

herr m. aus ko. hat einen traum

kinder wegschließn
frau verjagn
nachbarn totschlagn
politiker erschießn
haus verbrennn
zeitung abbstelln

Sonntag, September 03, 2006

154

ich krieche jeden tag
diesem computer in die eingeweide
mit meinen augen
und nie ist mir
ein licht aufgegangen
dabei
(aber das sieht man nicht)


Betragen & Betrügen 2009

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